R2G, GroKo, Jamaika, Ampel oder Schwarz-Gelb? Bei den anstehenden #BTW17-Koalitionsfestspielen ist alles offen und denkbar!

Ein totgeglaubter Koalitionsklassiker ist auferstanden. Plötzlich hat Schwarz-Gelb laut der aktuellen #Allensbach-Umfrage eine theoretische Mehrheit auf Bundesebene. Alle stürzen sich wieder auf das bürgerliche Lager als die Koalitionsoption. FDP und insbesondere ihr Spitzenkandidat Christian Lindner müssen sich massiv gegen Vereinnahmungen als Steigbügelhalter der CDU wehren. Das Trauma sitzt tief.

Gleichzeitig ist Rot-Rot-Grün angeblich tot. Die Linke scheint nach ihrem Parteitag nicht regierungs- und koalitionsfähig zu sein. SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben ihre roten bzw. grünen Linien gezogen. #R2G adé? Mitnichten!

Erst wird gewählt, dann verhandelt.

Wenn es am 24. September eine rot-rot-grüne Mehrheit gibt, dann wird es ohne Zweifel auch #R2G-Koalitionsverhandlungen geben. Die Linke hat Auftrieb durch ihren Parteitag erhalten und profitiert von der schwächelnden Schulz-SPD. Bei aller Verbalradikalität kann Die Linke in Sondierungen sehr regierungswillig und regierungstreu sein, wie sich in Thüringen und Berlin zuletzt zeigte.

Viele vergessen, dass nach Wahlen nicht der Wähler, sondern die Parteien bzw. ihre Spitzen über Koalitionen entscheiden und rote Linien schnell kassiert werden können. Medien und Öffentlichkeit sollten nicht den Fehler wie bei Schwarz-Gelb begehen und Rot-Rot-Grün vollkommen aus dem Blick verlieren.

Sobald sich Machtoptionen ergeben, kommen Themen und Parteipositionen in Bewegung.

Bestes Beispiel sind die jüngsten Jamaika-Koalitionsverhandlungen in Schleswig-Holstein. Vor der Wahl war es kaum denkbar, dass die CDU eine weichere Drogenpolitik mitträgt. Jetzt enthält der Koalitionsvertrag den ersten Schritt zur Cannabis-Legalisierung: „Die Möglichkeit zur kontrollierten Freigabe von Cannabis im Rahmen eines Modellprojektes werden wir prüfen.“.

Auf Länderebene erleben wir nach zahlreichen Landtagswahlen ein Koalitionskarussell: Grün-Schwarz in Baden-Württemberg, Ampel in Rheinland-Pfalz, Rot-Rot-Grün in Berlin, Jamaika in Schleswig-Holstein und Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen.

Vor den Landtagswahlen waren fast alle Koalitionsoptionen undenkbar, von „Ausschließeritis“ war die Rede. Die Lektion sollte sein, im Bund alles denkbar zu halten.

Bei aller berechtigten Kritik an dem Auftritt von Jürgen Trittin bei Anne Will hat er in puncto Machtpolitik recht. Jetzt ist Wahlkampf. Es geht für alle Parteien und Kandidaten um Abgrenzung, Profilierung, Zuspitzung und Wettstreit. Dann kommt die Bundestagswahl und im Anschluss geht es um Koalitionsmöglichkeiten und Themen. Es gilt sich nicht verwirren zu lassen und mit klarem Blick strategisch hinter die Kulissen zu schauen, auch wenn selten Prognosen über eine Regierungsbildung so unsicher sind wie heute. Erst ab dem 24. September heißt es: die Koalitionsfestspiele sind eröffnet.

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Sebastian Frevel
Sebastian Frevel ist Experte für Corporate und Public Affairs und Geschäftsführer der Von Beust & Coll. Beratungsgesellschaft. Er ist spezialisiert auf strategische Interessenvertretung, politische Unternehmensreputation sowie Stakeholder Management.