„Trump, Schulz, Sonnenaufgang – Twitter ist heute morgen auch wieder mal nicht zu gebrauchen.“

Damit eröffnet die Chefin unsere Telefonkonferenz. Dass das an den Menschen, Medien und Multiplikatoren liegt, die sie in ihrer Timeline um sich geschart hat, erkläre ich ihr später irgendwann mal. Vielleicht nach der Wahl.

Aber sie hat Recht. Zumindest was die derzeit die Medien beherrschenden Themen betrifft. Donald Trump setzt das um, was er im Wahlkampf versprochen hat und wofür ihn eine – nach amerikanischem Wahlrecht – ausreichend große Gruppe Menschen gewählt hat. Richtig überraschend ist das für mich nicht, aber vielleicht sehe ich das auch ein bisschen fatalistisch. Letztlich ist es ja zum Glück auch so, dass er für seine Pläne Mehrheiten in Abgeordnetenhaus und Senat braucht. Und dass das durchaus schwierig sein kann, wissen wir ja nicht erst aus House of Cards und der Machtlosigkeit eines Barack Obama in den letzten Jahren seiner Amtszeit. Bei den Empörungsstürmen auf Twitter bin ich zwiegespalten. Einerseits bringt es überhaupt nichts, wenn wir uns hier in den Sozialen Medien „aus sicherer Entfernung“ an ihm abarbeiten. Alle, die hier Trumps „Politik“ anprangern, sitzen warm und trocken auf ihrem Sofa, haben nichts zu befürchten, gehen keinerlei Risiko ein, dass auch die schlimmste Pöbelei irgendwie geahndet wird. Weiterhin wage ich mal die Prognose, dass es Donald Trump auch einen Scheiß interessiert, was hier geschrieben wird, aber immerhin finden wir offene Ohren bei denen, die im Zweifel mit uns einer Meinung sind.

Andererseits darf man natürlich auch nicht schweigen, wenn eine falsche, menschenverachtende, nationalistische Politik per Dekret gemacht wird. Aber zu glauben, wir reißen von hier die Mauer wieder ein, bringt auch nichts. Das werden die amerikanischen Wählerinnen und Wähler in vier Jahren machen müssen. Wir könnten ja stattdessen mal gucken, was gerade so an unseren Grenzen passiert. Nur mal so.

Tja, und der Schulz? Zeitplan fast eingehalten. Das hat mir schon etwas Respekt abgenötigt, auch wenn ich nicht glaube, dass diese Sturheit den Sozialdemokraten auch nur eine Stimme mehr bringt. Trotzdem sind sie gerade im Aufwind. Wohl auch, was ich so höre, weil Martin Schulz recht offen mit seinen Schwächen und Fehlern umgeht. Mal sehen, wie weit diese Offenheit gehen kann. Ich bin nur bedingt der Auffassung, dass maximale Transparenz zu maximalem Wählervertrauen führt. Eher führt das irgendwann wieder zu Misstrauen, weil nicht alle so viel Offenheit vertragen und glauben, es solle doch noch etwas viel Schlimmeres verborgen werden.

Ich hoffe, er hält das durch und die Wählerinnen und Wähler auch. Denn im Gegensatz zu Sigmar Gabriel sehe ich in Martin Schulz durchaus das größere Potential für eine rot-rot-grüne Koalition. Da bin ich ja ganz politisch-eigennützig. Das Thema wird uns begleiten, darum später dazu mehr.

 „Ich fand den Sonnenaufgang ganz hübsch.“


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Kim

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Mitarbeiter bei Bundestagsabgeordneter
Kim ist seit mehr als einem Jahrzehnt Mitarbeiter_in einer Abgeordneten im Bundestag. Auf wahl.de berichtet Kim als Kolumnist_in aus dem politischen Alltag auf 16qm. Stets "Unter drei".
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