„Was sagst Du?“
„Wozu?“ Manchmal fängt meine Chefin ihre Gespräche etwas kryptisch an.

„Neulich haben wir darüber gerätselt, wer Bundespräsidentenkandidat wird, und einen halben Tag später stand der Steinmeier fest. Also, wer wird bei der SPD Kanzlerkandidat?“

„Oder Kandidatin!“

Manchmal ist es mit dem Feminismus und der Möglichkeit, dass auch eine Frau etwas werden kann, bei ihr noch nicht so weit her. Ein Umstand, den sie mit vielen „Kolumnisten“ der FAZ teilt. Aber dazu mehr ein anderes Mal. 

‚Gute Frage‘, denke ich. Die Anzahl der Kandidaten ist ja über die letzten Wochen nicht geschrumpft, wie es sonst bei so Auswahlprozessen üblich ist, sondern mit jedem Tag angestiegen. Und dann haben die Sozis sich ja auch noch einen Zeitplan gegeben. Bis Ende Januar soll noch Zeit sein. Wenn sie nicht aufpassen, haben sie bis dahin knapp 30 Kandidaten und so zwei Kandidatinnen. Jetzt sind sie ja erstmal bei drei Männern. Schulz, Scholz und Gabriel

Ich bin froh, dass ich zwischen denen nicht wählen muss. Wer soll dein Herzblatt sein? Der Parteivorsitzende mit den unterirdischen Umfragewerten, der seine politische Agenda jeden Morgen neu festlegt, aber sehr von sich überzeugt ist? Oder der Mann aus Brüssel, der zwar beliebter ist, lesen kann und italienisch spricht, aber der für alle ein Wagnis ist, die sich noch nie für Europapolitik interessiert haben? Oder der Bürgermeister aus Hamburg, der zwar in Hamburg an der absoluten Mehrheit kratzt und von dem der Parteivorsitzende glaubt, dass das auch auf Unterfranken ausstrahlt, der aber den spröden Charme eines Wahlautomaten hat, womit offensichtlich nur die Hamburgerinnen und Hamburger gut klar kommen. (Komisches Völkchen da oben.) 

Nun, mir fällt die Wahl wirklich schwer und wenn ich lange zurück denke, tut es mir schon ein bisschen leid, dass Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen, schon vor vier Jahren erklärt hat, nicht als Kanzlerkandidatin antreten zu wollen. Jetzt kann sie natürlich nicht mehr hinter die markige Absage zurück. Auf keinen Fall. Wie stünde sie da, wenn sie nach vier Jahren zugibt, dass sie doch noch mal nach Berlin wollen würde? Ich denke, es wäre legitim, aber so ticke wohl nur ich.

„Die Schwesig“, sage ich. Wohlwissend, dass genau das nicht passieren wird.

P.S.: Oder vielleicht doch?


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Kim

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Mitarbeiter bei Bundestagsabgeordneter
Kim ist seit mehr als einem Jahrzehnt Mitarbeiter_in einer Abgeordneten im Bundestag. Auf wahl.de berichtet Kim als Kolumnist_in aus dem politischen Alltag auf 16qm. Stets "Unter drei".
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