Zu Gast bei Wahlkämpfern: wahl.de hat sich kurz vorm Wahlsonntag mit Kandidaten für das Berliner Abgeordnetenhaus getroffen. Alle hoffen zum ersten Mal auf den Sprung ins Hauptstadt-Parlament. Sechs Direktkandidaten. Sechs Portraits. Sechs Wahlkampf-Forderungen. Eine Frage an euch. Stimmt ab und helft Civey durch den Betatest!

Teil 2: Florian Nöll (CDU), Direktkandidat Moabit

Ende August. Es ist ein heißer Tag. Der Sommer ist nach Berlin zurück gekehrt. Zwischen den typischen Altbauten reiht sich einer dieser modernisierten Gewerbehöfe ein. Heimat für Agenturen, Medienmacher, Software-Entwickler und Startups. Das ist auch die Welt, in der Florian Nöll zu Hause ist.

Wenn man in Klischees denkt, ist Nöll das Gegenteil eines typischen CDU-Kandidaten. Das weiß er auch und arbeitet damit: „Mein Name ist Florian Nöll. Ich bin kein Politiker. Ich bin Unternehmer.“ So lauten die ersten Zeilen des Vorstellungsflyers des Direktkandidaten der CDU für Moabit. Das Faltblatt ist anders. Die Parteifarben schwarz und orange sind die einzigen Punkte, die an den Auftritt der CDU erinnern. Selbst die drei Buchstaben der sonst so stolzen Partei muss man suchen. Eher klein und versteckt haben sie ihren Weg auf die Rückseite von Nölls Vorstellung gefunden. Das soll anscheinend so sein. Nöll hebt sich ab. „#nöll macht“ – so sein Slogan zur Abgeordnetenhauswahl.

Und Nöll macht schon lange. Nöll macht viel. Mit 33 Jahren hat der CDU-Kandidat bereits sechs Unternehmensgründungen hinter sich. „In Sachen Gründung ist Nöll selbst schon ein Routinier” schrieb 2005 das Handelsblatt über ihn, damals 22. Der ersten Gründung als Schüler folgten Startups wie das Internet-Reverse-Auktionshaus smartorder.de und spendino, einem heute führenden Anbieter von Software-Lösungen (SaaS) für Non-Profit-Organisationen. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Beirats „Junge Digitale Wirtschaft“ beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie und wurde 2012 durch die Zeitschrift Capital in der Reihe „40 Talente unter 40 Jahren“ ausgezeichnet. Im gleichen Jahr gründete er aus der Idee heraus, einen Verein als politisches Sprachrohr der Startups in Deutschland zu etablieren, den Bundesverband Deutsche Startups e.V. mit, dessen Vorsitzender er heute noch ist.

Zurück zum heißen Sommertag im Gewerbehof. Für den CDU-Kandidaten steht auf seiner Wahlkampftour ein Besuch bei Piketec an. Ein Unternehmen, das Software vor allem für die Automobilindustrie testet. Nöll hat sich Verstärkung mitgebracht. Peter Tauber, Generalsekretär der CDU. Beide wirken voller Elan. Tauber kommt zu dem Termin, passend zur drückenden Spätsommerhitze, in Turnschuhen. Das steht ihm. Mit Tauber verbindet Nöll nicht nur der gemeinsame Wohnort und Wahlbezirk – Moabit. Bevor Tauber von Angela Merkel zum obersten Sprachrohr der Christdemokraten befördert wurde, beackerten sie beide die digitale Agenda. Bei dem Termin geht es aber weniger um digitale Themen. Die Geschäftsführer von Piketec kämpfen mit dem alltäglichen Behörden- und Verwaltungskram. Arbeitnehmerüberlassung, Sicherheitsbeauftrage und auch Bildung. Das sind die Themen. Die CDU-Wahlkämpfer hören zu. Fragen nach. Und nehmen Sachen mit, die Tauber von seinem Team notieren lässt. Alltagsgeschäft, das merkt man. Tauber ist geübt in sowas. Aber auch Nöll findet Anknüpfungspunkte. Seine erklärten Wahlkampfthemen sind Bildung, Sicherheit und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung. Beim letzteren sieht er ganz klar die Notwendigkeit einer Digitalisierung. Angefangen bei den Bürgerämtern. Über Schlangen von Wartenden und die komplizierte und langwierige Terminvergabe ärgern sich auch die Herren von Piketec .

Registriert euch und stimmt ab, wenn ihr die Forderung der „Digitalisierung der Bügerämter“ ebenfalls unterstützt!

Nach dem Unternehmensbesuch geht es für Nöll und Tauber weiter in die gegenüberliegende Arminius-Markthalle. Wirklich ein Schmückstück in diesem Kiez. Es werden Fisch, gute Weine, Käse und Spezialitäten angeboten. Und auch Nöll hat sich hier eingerichtet. Sein Wahlkampfbüro, das mehr dem Charme eines Cafés oder Weinbistros ähnelt, ist hier. Man merkt, Nöll hat sich viel Mühe gegeben – mit Blick fürs Detail.

An der Eingangstür werden sie vom Chef der Markthalle empfangen. Alle wirken vertraut. Am Wahlkampfstand warten schon die Gäste. Tauber spricht über „Herausforderungen und Perspektiven für Berlin und Deutschland.“  Er verspricht den Gästen: „Wir werden wieder härter streiten und Alternativen bieten.“ Da war es, das Wort. Ein leichtes Raunen geht durch die wohl vornehmlich CDU geprägte Zuhörerschaft. Nöll und Tauber überspielen die Situation mit ihrem jungenhaften Lächeln und Tauber wirft hinterher: „Ich mache Berlin als Hesse bunter.“ Bunt ist auch Moabit. 50 Prozent der Einwohner hätten einen Migrationshintergrund. 50 Prozent wären jünger als 38 Jahre, wie Nöll berichtet.

In dieser Mischung hat es ein CDU-Kandidat nicht leicht. Moabit gilt bisher als SPD- und Grünen-Hochburg, die sich 2011 ein Kopf-an-Kopf-Rennen um das Direktmandat geliefert haben. Die SPD gewann damals. Doch die Karten werden nun neu gemischt. Die AfD bringt sich in Stellung. Deren Kandidatin Beate Prömm wird hier später porträtiert. Der bisherige Vertreter für Moabit im Abgeordnetenhaus Ilkin Özisik ist nach mehreren Skandalen aus der SPD ausgetreten und tritt nun als unabhängiger Kandidat wieder an.

Tauber rechnet generell mit guten Chancen: „Die CDU kann stärkste Kraft werden in Berlin.“ Ok, damit hat er ein wenig übertrieben, obwohl der Abstand zwischen SPD, CDU, Grünen und Linken im Moment verschwindend gering zu sein scheint. Nöll will trotzdem machen. Und Tauber findet es gut, dass er es macht. Es ist für ihn eine Ehrensache, für Nöll zu streiten.

Als erklärter Interessenvertreter will Nöll die Startup-Unterstützung ins Parlament bringen. Er ist „Fan von neuen Technologien“. Im Wahlkampf hat er ebenfalls einiges Innovatives versucht. Angefangen bei einer Pokémon-Tour, einem Selbstverteidigungskurs für Frauen im kleinen Tiergarten, der ähnlich wie in vielen Berliner Parks geprägt ist von Alkohol-, Gewalt- und Drogendelikten oder auch der Einsatz einer Frage-App, über die er die Wünsche und Vorschläge der Wähler sammelte. Ganz analog – eigentlich nicht Nöll sein Ding – kann man diese auch per Postkarte an ihn senden. Auf der Vorderseite einer der Karten steht: „Politiker reden. #Nöll macht.“ Das ist wieder sein Ding.


 

Civey erfasst Meinungsumfragen in Echtzeit. Dafür hat das Berliner-Startup ein Online-Tool entwickelt, das repräsentative Umfragen im Internet ermöglicht. Civey berücksichtigt nur die Antworten von registrierten Teilnehmern und korrigiert Verzerrungen durch ein mehrstufiges Gewichtungsverfahren. Aktuell ist die Anwendung mit ausgewählten Partnern wie dem Tagesspiegel oder wahl.de in einem öffentlichen Betatest.

Wir brauchen euch, um diesen Test zu bestehen. Bis zum Samstag müssen circa 1.000 Berlinerinnen und Berliner als registrierte Nutzer auf der Umfrage zu den Wahlkampfforderungen abgestimmt haben, damit wir noch kurz vor der Berlin-Wahl ein repräsentatives Ergebnis bekommen.

Also helft uns, senkt den statistischen Fehler und stimmt ab!

Alle Portraits finden sich hier: fragerei by dorfgeschrei

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Sebastian Schmidtsdorf

Sebastian Schmidtsdorf

Head of PR bei Civey
Bei wahl.de seit 2013. Mitherausgeber wahl.de-Buch #BTW13 Themen, Tools und Wahlkampf. Leiter Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit bei Civey. Leidenschaftliche "fragerei by dorfgeschrei".
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