Zu Gast bei Wahlkämpfern: wahl.de hat sich kurz vorm Wahlsonntag mit Kandidaten für das Berliner Abgeordnetenhaus getroffen. Alle hoffen zum ersten Mal auf den Sprung ins Hauptstadt-Parlament. Sechs Direktkandidaten. Sechs Portraits. Sechs Wahlkampf-Forderungen. Eine Frage an euch. Stimmt ab und helft Civey durch den Betatest!

Teil 1: Alexander Freier-Winterwerb (SPD), Direktkandidat in Treptow-Köpenick

Um mangelnde Presse braucht sich Alexander Freier-Winterwerb keine Sorgen zu machen. Man könnte fast denken, er sitzt schon ewig im Parlament. Hat Berater und Referenten an seiner Seite, die ihn passend in den Berliner Lokalmedien platzieren, Interviews organisieren und den ein oder anderen Artikel in den großen Blättern setzen.

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Berliner Kurier, B.Z., Berliner Morgenpost, ZEIT, BILD

Aber nix da. Freier-Winterwerb, 29 Jahre, Lehramtsstudent, absolviert gerade seinen ersten eigenen großen Wahlkampf. Ganz unerfahren ist er aber nicht. Bereits seit zehn Jahren ist er Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Treptow-Köpenick. Der bisherige direkt gewählte SPD-Abgeordnete im Wahlkreis, Andy Jauch, hat einen offenen Zweikampf vermieden und seine Kandidatur nach der Erklärung Freier-Winterwerbs zurück gezogen. Dieser will nun für seinen Heimatbezirk, genauer gesagt für den Treptower Norden mit dem mittlerweile eher bürgerlichen Alt-Treptow, dem schönen Treptower Park an der Spree, dem Baumschulenweg und Nord-Niederschöneweide ins Berliner Abgeordnetenhaus einziehen. Damit findet sich in dem Wahlkreis die typische Berliner Mischung oder – je nach Blickwinkel – das aktuelle Berliner Spannungsfeld zwischen Startups, Ferienwohnungen, Integration, Zuwanderung, Gentrifizierung und Randbezirken, in denen sich die Einwohner von der Entwicklung der Stadt abgehängt fühlen.

Freier-Winterwerb, als Arbeiterkind in Köpenick geboren, sieht hier sein Aufgabengebiet: Familienpolitik, Chancengleichheit und der Kampf gegen Rechts. Dafür fordert er mehr Geld für die Bezirke, die in Berlin unter chronischer Mangelausstattung leiden.

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Der SPD-Kandidat selbst ist durch seine Familiengeschichte geprägt. Häusliche Gewalt durch seinen Stiefvater, der damals für die DVU und heute für die AfD wirbt, waren für ihn bis zum 14. Lebensjahr an der Tagesordnung. Freier-Winterwerb hat das nicht entmutigt. Im Gegenteil. Er kämpfte bereits als Jugendlicher gegen die Schließung seiner Schule und wurde Vorsitzender des Landesschulausschusses bevor er mit 19 Jahren in die BVV gewählt wurde. Hier traf er dann auf die NPD. Für ihn hieß das, „sich engagieren und Flagge zeigen gegen Rechts.“ Das macht er heute noch:

Sein erklärter Konkurrent um das Direktmandat ist die AfD. Sie liegt derzeit in Umfragen bei 13 Prozent für Gesamt-Berlin.  Für Freier-Winterwerb bedeutet das: „Die AfD oder ich!“ Allerdings könnte ihm auch die Kandidatin der Linken, Katalin Gennburg, die hier an späterer Stelle porträtiert wird, am Wahltag den Rang ablaufen. Sicher ist zur Zeit bei der SPD nichts. Auch nicht in dem bisher für die SPD so sicheren Wahlkreis. Die Zustimmungsverluste in Berlin sind eklatant.

Freier-Winterwerb setzt auf Überzeugungsarbeit und persönliche Ansprache. „Politik zum Anfassen“ ist dem Sozialdemokraten wichtig. Der Spruch klingt, wie so mancher im Berliner Plakate-Dschungel, eher abgedroschen. Alexander Freier-Winterwerb hat ihn mit digitalem Leben gefüllt. Sein Tinder-Wahlkampf hat mediale Wellen geschlagen. Mittlerweile hat er über 1.000 Matches mit der Dating-App und hofft damit, junge Wählerschichten zu erreichen, die sich eigentlich schon von der Politik abgewendet haben.

Am liebsten spricht der Sozialdemokrat seine potentiellen Wähler aber klassisch auf der Straße an. Hier trifft man ihn oft. Er ist vernetzt und engagiert sich im Kiez. Auf einer Veranstaltung der örtlichen KungerKiezInitiative, in der Freier-Winterwerb stellvertretender Vorsitzender ist, stellt sich sein Parteifreund Andreas Geisel (SPD), Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, den kritischen Fragen der Anwohner und auch der politischen Mitbewerber von Grünen, Linken und Piratenpartei zur Mietenproblematik. Es ist kein leichtes Thema für die SPD. Freier-Winterwerb moderierte die Diskussionsveranstaltung. Er erwies sich als durchsetzungsfähig. Aufgeregte Zwischenrufe wurden unterbunden. Das wirkte manchmal sehr streng und ungewohnt für solch einen jungen Menschen, aber er hat so den Rednern selbstsicher zum Wort verholfen.

Wie es der Zufall will, kommt im Moment des Schreibens dieses Portraits im rbb ein Beitrag zur Wahl. „Die da oben.“ Das Schlusswort gilt Freier-Winterwerb. Seine Plakate, auf  denen er mit seiner privaten Handynummer wirbt, seien ein mutiger Versuch. Vor allem im Hinblick auf die sich häufenden Anfeindungen und tätlichen Angriffe auf Wahlkämpfer. Freier-Winterwerb lässt sich jedoch nicht einschüchtern und setzt auf Dialog und „Politik auf Augenhöhe“ mit Handynummer und Tinder. „So kommen die da oben auch an die Bürger.“ 


 

Civey erfasst Meinungsumfragen in Echtzeit. Dafür hat das Berliner-Startup ein Online-Tool entwickelt, das repräsentative Umfragen im Internet ermöglicht. Civey berücksichtigt nur die Antworten von registrierten Teilnehmern und korrigiert Verzerrungen durch ein mehrstufiges Gewichtungsverfahren. Aktuell ist die Anwendung mit ausgewählten Partnern wie dem Tagesspiegel oder wahl.de in einem öffentlichen Betatest.

Wir brauchen euch, um diesen Test zu bestehen. Bis zum Samstag müssen circa 1.000 Berlinerinnen und Berliner als registrierte Nutzer auf der Umfrage zu den Wahlkampfforderungen abgestimmt haben, damit wir noch kurz vor der Berlin-Wahl ein repräsentatives Ergebnis bekommen.

Also helft uns, senkt den statistischen Fehler und stimmt ab!

Alle Portraits finden sich hier: fragerei by dorfgeschrei

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Sebastian Schmidtsdorf

Sebastian Schmidtsdorf

Head of PR bei Civey
Bei wahl.de seit 2013. Mitherausgeber wahl.de-Buch #BTW13 Themen, Tools und Wahlkampf. Leiter Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit bei Civey. Leidenschaftliche "fragerei by dorfgeschrei".
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