Spätestens seit den TV-Debatten zwischen Hillary Clinton und Donald Trump sind Social Bots auch im politischen Kontext ein viel diskutiertes Thema. Gerade auch in Deutschland, wobei in der hiesigen Diskussion die Bedrohungsszenarien eindeutig überwiegen.
Der Blick über den großen Teich
Manche Leute würden Donald Trump ob seiner hyperaktiven Art bei Twitter, seiner Tendenz zu Fake News und seinen simplen Botschaften sicher auch als Bot definieren. Auch wenn Bots den jüngsten US-Wahlkampf sicher nicht entscheidend beeinflusst haben: Bot-Netzwerke wurden massiv eingesetzt, mit dem Ziel, die öffentliche Meinungsbildung zu verzerren. Obwohl Trump die Debatten zum Teil krachend in der öffentlichen Wahrnehmung verloren hatten, stellte er sich anschließend vor die Kameras uns verkündete einen überzeugenden Auftritt. Warum? Das lag nicht nur an seiner Tendenz zur Selbstüberschätzung. Als sehr aktiver Nutzer des Mikroblogging-Dienstes verwies Trump einfach auch immer wieder darauf, dass ihn doch die Mehrheit als eindeutigen Sieger sehen würde.
Und wenn man einfach auf die Anzahl der Pro-Trump-Tweets guckt, lag er damit nicht einmal falsch. Das Problem: Ein erheblicher Teil der Tweets wurde von Bots generiert. Wie ein Forscherteam der Oxford University feststellte, mischten Hunderttausende Bots, organisiert in riesigen Bot-Netzwerken, mit Millionen Tweets den Diskurs auf und verzerrten so die – gefühlte – öffentliche Meinung. Dabei waren die Pro-Trump-Bots denen von Clinton im Verhältnis von circa 4:1 überlegen und verschickten bis zu einem Drittel aller Pro-Trump-Tweets (insgesamt stammte bis zu 20 Prozent des gesamten Twitter-Traffics zur US-Wahl von Bots). Was Bots dabei besonders gerne verschicken? Natürlich Fake News.
Der Blick nach Frankreich
Auch in Frankreich toben sich Bots im Präsidentschaftswahlkampf aus. Und auch hier sind die Bot-Netzwerke auf Seiten der Rechtspopulisten: Eine Anfang dieses Monats erschienene Studie des Atlantic Council hat offen gelegt, mit welcher Reichweite diese Bot-Netzwerke dabei agieren und Einfluss auf die Meinungsbildung nehmen. Dabei starten und steuern Bots koordinierte Hashtag-Kampagnen, und machen sie durch massenweises retweeten zu Trendings Topics. Für das ungeübte Auge sind Bots nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Vor allem, da auch echte Nutzer anschließend auf die Hashtags aufspringen – so wirdein Narrativ kreiert, in dem sich Marine Le Pen auch auf Twitter auf breiteste Unterstützung verlassen kann. Denn genau diese Unterstützung lässt sich durch Bots quasi in Echtzeit erzeugen. Ebenfalls bei den Homosexuellen-Gerüchten um Emmanuel Macron wurden wohl – russische – Bots eingesetzt, um das Thema ins Rollen zu bringen. So hat der französische Auslandsnachrichtendienst DGSE schon explizit vor der Einmischung russischer Bot-Netzwerke auf Seiten von Marine Le Pen gewarnt.
Die Frage ist nicht, ob Bots im Wahlkampf eingesetzt werden.
Sondern in welcher Intensität.
Buzzfeed hat dabei kürzlich aufgedeckt, dass französische Aktivisten sich in Chatrooms mit Trump-Unterstützern, die sich über die Plattform 4chan organisieren, austauschen, um sich von ihnen Strategien besonders mit Blick auf Negative Campaigning abzugucken. Dort werden explizit Fake-Profile auf Twitter und Facebook, die dann als Bots automatisch Content posten, als effektive Waffe gegen den politischen Gegner angetrieben. Dabei wird dazu geraten, die falschen Profile so anzulegen, dass sie eigentlich wie Gegner des Front National erscheinen – um dann Memes und Hashtags zu verbreiten und die Kommentarspalten von Nachrichtenseite zu entern.
Und was erwartet uns in Deutschland?
Mittlerweile haben sich alle im Bundestag vertretenen Parteien gegen den Einsatz von Bots im Wahlkampf ausgesprochen. Die AfD kokettierte zumindest damit, Bots im Wahlkampf einzusetzen, nur um dann zurückzurudern. Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckhardt fordert sogar, dass von Bots erstellte Posts in sozialen Medien eine Kennzeichnungspflicht haben sollten.
Auch der Bundestag hat sich dem Thema schon angenommen: In einer Studie des Büros für Technikfolgenabschätzung des Bundestags kamen die Autoren zu dem Schluss, dass Meinungsroboter nicht nur die Meinungsbildung und das Meinungsbild in sozialen Netzwerken beeinflussen. Sondern das sie bei knappen Wahlen auch die Ergebnisse sogar entscheidend beeinflussen können.
Die Diskussion ist aber eigentlich recht überflüssig, denn Bots mischen jetzt schon im politischen Diskurs, auf Twitter und Facebook, mit. Wer sich politisch auf Twitter in Deutschland äußert, weiß das. Wie Recherchen der FAZ zeigen, werden aus dem AfD-Umfeld heraus schon jetzt anscheinend Bot-Armeen gesteuert, die gezielt Stimmungsmache auf der Agenda haben.
Die Frage ist also nicht, ob Bots im Bundestagswahlkampf eingesetzt werden. Sondern in welcher Intensität. Und von wem sie gesteuert werden. Botswatch, ein Projekt das sich bemüht, Bots zu identifizieren, berichtet, dass einige Netzwerke deutlich weniger aktiv sind, seitdem die öffentliche Debatte Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt hat. „Man weiß nicht, ob und wann sie wieder aktiv werden.“ meint Gründerin Tabea Wilke. Eine Kurzstudie der KAS kommt zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Untersuchung des Bundestages: Social Bots haben vor allem dann negative Effekte, wenn sie Falschmeldungen verbreiten helfen, mit dem Ziel der einseitigen Stimmungsmache. Dies geschehe insbesondere bei unklaren Nachrichtenlagen wie zum Beispiel Terroranschlägen.
Vor allem würde es grundsätzlich helfen, die Medienkompetenz der Nutzer so zu stärken, so dass sie selber Accounts erkennen können, die höchstwahrscheinlich Bots sind. Auch ohne gesetzliche Kennzeichnungspflicht. Das hätte dann auch diesen Pegida-Anhänger vor der Peinlichkeit gerettet, sich stundenlang auf Twitter mit einem Antifa-Bot zu streiten. Manchmal sind Bots also auch im politischen Kontext sehr wertvoll.
Adrian Rosenthal
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