Wie viel Einfluss haben Social Bots auf die politischen Debatten im Internet? Mit dieser Frage hat sich der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung im Deutschen Bundestag beschäftigt. Diskussionsgrundlage ist eine seit Oktober 2016 laufende Kurzstudie, erste Ergebnisse sind in einem Thesenpapier zusammengefasst.
Social Bots sind Computerprogramme, die eine menschliche Identität vortäuschen. Ihr Ziel ist es, die Meinung anderer Menschen zu beeinflussen. Das Einsatzgebiet sind Soziale Netzwerke, insbesondere auf Twitter und Facebook. In ihrem Zweck unterscheiden sie sich von anderen Bots, zum Beispiel Chat Bots.
Ihre Einflussnahme ist zurzeit noch überschaubar
Gegenwärtig gibt es nur wenige Beweise für Manipulationen. Es konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass im US-Präsidentschaftswahlkampf 20 Prozent aller Tweets auf Twitter von Social Bots verbreitet wurden. Bemerkenswert sind auch die Social-Bot-Aktivitäten im Ukrainekonflikt: 15.000 Twitterprofile haben ungefähr 60.000 Tweets pro Tag verbreitet, wie Stefan Hegelich (Hochschule für Politik an der TU München) in einer Kurzstudie nachweisen konnte.
Die Untersuchung des Phänomens steht jedoch erst am Anfang. Viele Beobachtungen ruhen zurzeit nur auf Annahmen und nicht auf wissenschaftlichen Untersuchungen. In Deutschland unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2015 zwei Forschungsvorhaben – „PropStop“ untersucht den Umgang mit Propaganda im Internet; „Social Media Forensics“ soll die Medienkompetenz in Sozial Netzwerken fördern.
Folgen für den politischen Entscheidungsprozess?
Social Bots entwickeln ihr volles Potential, wenn sich knappe Wahlentscheidungen ankündigen. So geschehen bei der BREXIT-Kampagne im vergangenen Jahr, aber auch im US-Wahlkampf. In Deutschland sind politische Debatten in Sozialen Netzwerken besonders gefährdet. Das liegt an den geringeren Nutzerzahlen, die es für Social Bots leichter machen, Nachrichtentrends zu manipulieren. Mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 ist vor allem mit einer noch stärkeren Polarisierung der politischen Debatte im Internet zu rechnen, heißt es im Thesenpapier.
Social Bots sind schwer zu identifizieren
Die mögliche Einflussnahme durch Social Bots ist schwer nachzuweisen. Die technischen Möglichkeiten zur Enttarnung hinken der schnellen Entwicklung der Bots hinterher. Die einfachste nichttechnische Methode ist laut einer US-Forschergruppe die Überprüfung verdächtiger Aktivitäten durch Menschen. Sie können schnell feststellen, ob sich hinter Accounts eine menschliche oder maschinelle Identität verbirgt.
In Zeiten von Milliarden Social-Media-Profilen ein aussichtsloses Unterfangen. Deshalb wären Algorithmen die vielversprechendere Antwort auf das Problem. Ähnliche wie Menschen, vernetzten sich Bots und ahmen ein Freundesnetzwerk nach. Diese Verbindung kann sich ein Algorithmus zu nutze machen und Roboter-Profile erkennen .
Droht ein Zweiklassen Internet?
Der Wissenschaftsjournalist Peter Welchering prognostiziert im Deutschlandfunk ein Zweiklassen Internet. Eines, das weitgehend kostenfrei verfügbar ist, mit Werbung, Hatespeech, Shitstorms und Social Bots. Das andere Netz wäre kostenpflichtig, somit geschützt und daher frei von all diesen Phänomen. Noch ist völlig offen, ob es jemals zu dieser Spaltung kommen wird und wer ein solches „premium“ Internet betreiben sollte.
Für Linus Neumann vom Chaos Computerclub ist die Situation weit weniger dramatisch. Seiner Meinung nach verstärken Social Bots lediglich manche Phänomene wie Fremdenfeindlichkeit. Die Fähigkeit eine Wahl zu beeinflussen spricht er ihnen ab, immerhin hat das bis dato noch kein Medium geschafft. Und ob es tatsächlich Einflussnahme von Bots auf die politische Meinungsbildung gibt, ist empirisch nur sehr schwer belegbar, so Neumann.
Die Diskussion über den richtigen Umgang mit Bots wird also weitergehen – Ausgang ungewiss.
Bernd Roschnik
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