Die Polarisierung erreicht seit der Wahl Donald Trumps zum 45. Präsidenten der USA ungekannte Höhen. Erbitterte Schlachten zwischen Anhängern und Gegnern werden geführt, unter anderem mit gegenseitigen Boykottaufrufen. Das Weiße Haus verhält sich auch hier, wie in anderen Angelegenheiten, selten neutral. Das beweist der Aufruf „Kauft Ivankas Sachen“ von Trump Beraterin Kellyanne Conway. Aber das ist vermutlich nur der vorläufige Höhepunkt in einem Handelskrieg, der bereits seit letztem Jahr tobt.
#GrabYourWallet – Trump Business boykottiert
Im Oktober hat die Marketingmanagerin Shannon Coulter die Kampagne #GrabYourWallet ins Leben gerufen, in Anspielung an Trumps sexistischen Ausruf in der Washington Post „grab them by the pussy“. Auf der eigens eingerichteten Website grabyourwallet.org werden alle Unternehmen gelistet, die Geld mit Trump Produkten verdienen, darunter Amazon, Bloomingdale’s und bis vor kurzem die Kaufhauskette Nordstrom.
.@Nordstrom: as a woman, longtime customer, and huge fan of your brand, I’m concerned that you carry the Ivanka Trump collection. 1/
— Shannon Coulter (@shannoncoulter) 12. Oktober 2016
Die Beweggründe für den Boykott sind unterschiedlich, wie die amerikanische Website racked in Erfahrung gebracht hat. Für die einen ist das Ziel, dem Trump-Imperium finanziell zu schaden. Für sie ist die Entscheidung an der Geldbörse aber auch ein Zeichen des politischen Protests. Für andere hingegen ist es Selbstschutz, um sich negativen Erinnerungen, etwa an sexuelle Belästigungen, zu entziehen, sagt Coulter.
Erste Erfolge kann die Kampagne bereits für sich verbuchen. Laut Fastcompany ist das Interesse an Ivanka Trumps Modelinie seit Beginn der Aktion um 54 Prozent gefallen. Die amerikanische Handelskette Nordstrom hat bereits reagiert und alle Produkte aus dem Sortiment genommen. Ihr Vater zeigt sich darüber auf seinem privaten Twitteraccount verärgert. Pikant ist, dass der erste Retweet vom offiziellen Twitterhandle des Präsidenten („@POTUS“) kam (Die Welt).
My daughter Ivanka has been treated so unfairly by @Nordstrom. She is a great person — always pushing me to do the right thing! Terrible!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 8. Februar 2017
Trumps Anhänger blasen zum Gegenangriff
Die gegnerische Seite bleibt jedoch nicht untätig und ruft ihrerseits zu Boykotten auf. Seit dem Super Bowl Finale steht die aktuell größte Brauerei der Welt Budweiser in der Kritik. Anlass ist ein Werbespot, der die Geschichte des Budweiser-Gründers Adolphus Busch erzählt, der 1857 aus Deutschland in die USA auswanderte. Viel zu immigrationsfreundlich, finden viele Trump Anhänger und fordern auf Twitter dazu auf, Budweiser nicht mehr zu kaufen (#BoycottBudweiser).
Seit Howard Schlutz, CEO von Starbucks, angekündigt hat, weltweit tausende Flüchtlinge einzustellen, richten sich Boykottaufrufe auch gegen die Kaffeehauskette. Damit soll das Unternehmen dazu bewegt werden, Jobs in Amerika für Amerikaner zu schaffen – vor allem für Veteranen und Schwarze – anstatt für geflüchtete Menschen.
Instead of hiring 10,000 AMERICANS/VETERANS Anti-USA Starbucks decides to hire 10,000 REFUGEES. Calling on ALL Patriots to #BoycottStarbucks pic.twitter.com/Ksr4owW0JG
— STOCK MONSTER (@Darren32895836) 30. Januar 2017
Im Sillicon Valley brodelt es
Während Durchschnitts-Amerikaner sich gegenseitig mit Boykottaufrufen übertrumpfen, kocht auch die Stimmung im sonst so beschaulichen Sillicion Valley hoch. Seit dem umstrittenen Einreiseverbot für Muslime wird der Widerstand gegen Trump immer größer. So zeigen sich Facebook Mitarbeiter zunehmend frustriert, dass Starinvestor Peter Thiel trotz seiner Tätigkeit als Trump-Berater (und als bekennender Trump-Unterstützer) einen Sitz im Beratungsausschuss des Unternehmens hat.
Mit ähnlichen Vorwürfen sah sich Uber CEO Travis Kalanick konfrontiert. Auch er war bis vor kurzem Wirtschaftsberater des Präsidenten. Vor kurzem ist er von dieser Tätigkeit zurückgetreten. Seinen Abgang begründet Kalanick mit dem so genannten Muslim-Bann, der fairen Einwanderungsregeln widerspräche. Neben internen Druck dürften den Uber CEO auch externe Faktoren dazu bewogen haben. Bereits mehr als 200.000 Nutzer sind dem Aufruf #DeleteUber gefolgt und hatten aus Protest ihren Account gelöscht.
Selten war Amerika nach der Wahl eines Präsidenten so gespalten. Dass der politische Protest in so großem Umfang in der Wirtschaft ausgetragen wird, scheint ein neues Phänomen zu sein. Die bisherigen Aktivitäten im Weißen Haus lassen jedoch vermuten, dass die Polarisierung noch weiter zunehmen wird.
Bernd Roschnik
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