Manche Pokemon haben sehr schadensreiche Kampfbewegungen, bei denen sie sich aber zugleich auch schwer selbst verletzen. Ein ähnlicher „Risikotackle“ scheint gerade Teil der Taktik der US-Demokraten kurz vor der Vereidigung des neuen US-Präsidenten Trump zu sein.
Anlass ist ein Dossier, in dem Verbindungen zwischen Trump, Russland und andere Verfehlungen dokumentiert sind. Die Informationen aus dem Dossier sind wohl nicht neu, aber jetzt – vielleicht eben als letzter Angriff vor der Manifestierung des Trump-Erfolges im Rahmen seiner Vereidigung haben Medien sie aufgegriffen.
Feuer mit Feuer bekämpfen … hinterlässt nur verbrannte Erde
In seiner Chronologie der Ereignisse zeichnet Glenn Greenwald [den man in diesem Kontext sicher auch nicht ungegoogelt lassen sollte (Stichwort: Snowden)] ein dunkles Bild: dass die Trump-Gegner (Demokraten, Geheimdienste, ausgewählte Republikaner, etc.) versuchen, Trump mit seinen viel zitierten Methoden von Desinformation, nicht belegbaren Behauptungen und, ja, post-faktischen Aussagen zu diskreditieren.
Das ist an sich erstmal als Akt der Verzweiflung zu deuten, aber wie Greenwald zurecht kritisiert, auch ein gefährlicher Reflex: Feuer mit Feuer bekämpfen. Damit berauben sich die Beteiligten ihres „moral high grounds“, und sie schubsen die post-faktischen Medienkritiker („Lügenpresse!“) tatsächlich in die Opfer-Rolle.
Zetern, Zensur, Zähneknirschen
Präsident-in-spe Trump war nun bisher schon eher dünnhäutig bei Kritik, aber außer verletzten Gefühlen hatte er keinen Gegentrumpf. Wie das Pokemon Chaneira konnte er nurmehr durch „Zähneknirschen“ Schaden von sich fernhalten. Post-faktisch wenigstens.
Dadurch aber, dass nun die einen Medien Anschuldigungen publizieren, die andere aus der gerne auch als „Libtards“ beschimpften Gruppe gleich widerlegen, macht sich das Fact-Checking für Trump und die Alt-Rights wie von selbst.
„Transparenz, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit“
Im ersten Anlauf zu einem NPD-Verbotsverfahren sind die Befürworter des Verbots auch an sich und ihren Methoden gescheitert, konkret an den V-Leuten in verschiedenen Vorständen der Partei: „Staatliche Präsenz auf der Führungsebene einer Partei macht Einflussnahmen auf deren Willensbildung und Tätigkeit unvermeidbar.“.
Der Staat, oder zumindest sein ausführendes Organ, der Verfassungsschutz, ist soweit mit der Partei (und ihrem Handeln) verquickt, dass den Richtern keine klare, rechtssichere Trennung mehr möglich schien.
Die Russland/Trump-Enthüllungen bewirken gerade eine ähnliche Verquickung von Desinformation, kritikwürdigem medialen Aufbauschen und letztlich Bias und Polarisierung.
Meinungen mit Macht auf eine Agenda zu boxen ist auf keiner Seite gut, rechtens. Vor allem aber gehört eben auch zum „When they go low – we go high“, dass man sich manchmal zähneknirschend zurücknimmt und nicht aus der Pöbelei einer Seite die Befugnis abzuleiten, genau so zurückzu…fordern.
Wer meint schlauer zu sein, sollte sich auch schlauer verhalten.
Das gilt nach der Wahl in den USA, aber noch mehr auch vor der Wahl in Deutschland.
Klas Roggenkamp
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