Bis jetzt haben wir also nur für den Staat gearbeitet, selbst wenn wir nicht im Öffentlichen Dienst tätig sind. Das zumindest möchte der Bund der Steuerzahler uns mit dem von ihm ins Leben gerufenen „Steuerzahlergedenktag“ bewusst machen.

Kritisch, aber trending

Auf den ersten Blick überraschend, ist das Jahr doch bereits über die Hälfte rum. Und natürlich gibt es begründete Kritik an diesem plakativen Datum, aber wie auch immer man zum Zahlenwerk steht, ein gewisser Trend ist schon auszumachen. Am besten wird dieser Trend in seinem Kontext sichtbar, hier verknüpft mit den Ein- und Ausgaben des deutschen Staates:

Quelle: Statistisches Bundesamt (Ein-/Ausgaben), Daten über Statista; Wikipedia „Steuerzahlergedenktag

Deutlich zu erkennen ist der kontinuierliche Anstieg der Einnahmen bei zunehmend stagnierenden Ausgaben. Das, was Wolfgang Schäuble als „Schwarze Null“ feiert hat natürlich seinen Anfang in den Jahren lange vor der aktuellen Regierung von Angela Merkel genommen. Im Diagramm ist unten jeweils die Regierungskoalition eingezeichnet.

Schäuble erntet Eichels Früchte?

Folgt man nun der Kurve der Steuertage (also jeweils die Anzahl der Tage zwischen Jahresbeginn und dem Datum des Steuergedenktages), dann gibt es einen deutlichen Ausschlag nach oben mit der so genannten „Schröder 1“-Regierung.

Aus sozialdemokratischer Sicht ein kommunikativer Rückschlag („die Sozen erhöhen nur die Steuern“), im Kontext der Kohl-Jahre aber offensichtlich notwendig nach Jahren zunehmender Staatsverschuldung, auch mal an der Einnahmenseite zu arbeiten. Rot-Grün hat auch hier Dinge angepackt, die einfach jahrelang liegengeblieben sind – ähnlich den vielgescholtenen Hartz-Reformen. Die schwarze Null (bei Staatsausgaben, das ist nicht der Bundeshaushalt!) gelang aber trotzdem unter einem SPD-Finanzminister: 2007 mit Peer Steinbrück.

Schwarz-Gelb: Abgaben runter, Ausgaben hoch?

Ein weiterer interessanter Ausschlag geht einher mit der schwarz-gelben Koalition ab 2009 – hier sinkt die Ausgabenlast zu Beginn (wenn der Gedenktag als Indikator dafür herhalten darf), gleichzeitig steigen die Ausgaben sprunghaft an, bei ebenso deutlich sinkenden Einnahmen (die logische Konsequenz reduzierter Abgaben). Dass diese Reduktion in den Folgejahren sukzessive kassiert wird vergisst man gerne, der Fairness halber sei hier aber auch auf Bankenkrise etc. verwiesen.

Von der aktuellen Position der finanziellen Stärke gibt es nicht nur im Wahlkampf zwei logische Konsequenzen: Ausgaben erhöhen bei gleichbleibender Abgabenquote – oder die Abgaben senken bei gleichbleibenden Ausgaben.
Beides ein Drahtseilakt, aber es wäre – nicht nur für die Zukunft der SPD – wünschenswert, wenn hier nicht wie unter Kohl weiter laviert wird, bis es nicht mehr geht, nur um dann noch härtere Schnitte der Folgeregierung überzuhelfen.

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Klas Roggenkamp

Klas Roggenkamp

… macht wahl.de seit 2005, seit 2016 für appstretto. Verbindet Digital & Politik zu erfahrbaren Angeboten – technisch, inhaltlich, optisch. Wahlkampferprobt und agenturerfahren.
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