In den Begriff der kalten Progression interpretiert vermutlich jeder nicht gerade etwas positives hinein, sondern eher eine langwierige Krankheit. Was sich allerdings tatsächlich dahinter verbirgt klären wir jetzt.

Die Steuerprogression

Zunächst müssen wir uns erst einmal damit beschäftigen, was überhaupt unter der (Steuer-) Progression zu verstehen ist. Die Progression beschreibt den Zusammenhang zwischen dem zu versteuernden Einkommen und dem Steuersatz. Das heißt, steigt das zu versteuernde Einkommen, so steigt auch der Steuersatz und somit die fällige Steuer. Zahlt ein Geringverdiener also beispielsweise 15 Prozent Steuern auf sein Einkommen, so muss ein Spitzenverdiener bereits 42 Prozent seines Einkommens in Form der Steuer an den Staat abführen.
Grund für diese Regelung ist das Leistungsfähigkeitsprinzip, welches in Deutschland gilt. Dieses besagt, dass sich der Beitrag eines jeden nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit richtet. Das heißt, jeder trägt so viel bei wie er kann. Es wird also jeder unterschiedlich stark belastet, jemand der viel verdient stärker und wer nur wenig verdienst wenig.

Entspricht die kalte Progression also einer heimlichen
Steuererhöhung?

Die grundlegende Idee mag zwar gerecht erscheinen, die kalte Progression ist es allerdings nicht. Zusammengefasst bedeutet sie für den Steuerzahler nämlich, dass er trotz seines steigenden Einkommens tatsächlich weniger Geld zur Verfügung hat. Wie das möglich ist? Hier ein Beispiel: Sie erhalten eine Gehaltserhöhung in Höhe von 2 Prozent. Das klingt natürlich erst einmal nicht schlecht. Die Inflation, also der Wertverlust des Geldes, beträgt allerdings ebenfalls 2 Prozent. Ihre Gehaltserhöhung wurde also neutralisiert. Hinzu kommt außerdem noch, dass sie auf Grund der Steuerprogression für Ihre 2-prozentige Gehaltserhöhung auch noch mehr Steuern zahlen müssen. Durch die Inflation haben Sie also insgesamt wesentlich weniger Geld im Portmonee.

Was man dagegen machen kann?

Die Antwort ist: den Einkommensteuertarif regelmäßig an die Inflationsrate anzupassen. Für das laufende und das folgende Jahr, hat die Bundesregierung diese Anpassung tatsächlich vorgenommen. In den Jahren 2013 bis 2015 wurde am Einkommensteuertarif nichts geändert, es kam lediglich zu einer Erhöhung des Grundfreibetrags.
Die Parteien heben immer wieder hervor, dass die kalte Progression dringend abgeschafft werden sollte, auch wenn sie in den letzten Jahren kaum vorhanden war. Wie bitte, möchten wir dazwischen rufen? Das Finanzministerium gab Ende 2014 bekannt, dass die kalte Progression im Jahr 2013 nur durchschnittlich 16 Euro betrug und sagte für das Jahr 2014 keine Belastung durch sie voraus. In der Süddeutschen Zeitung wurde die geringe Inflation, zu dieser Zeit, als Begründung hierfür genannt.

Fazit

Im Jahr 2017 und auch für das Jahr 2018 wird die Inflation in dem Einkommensteuertarif berücksichtigt, um so die kalte Progression zu vermeiden. Auch in den Jahren zuvor war sie kaum von Bedeutung, da die Inflation sehr gering war.
Die Politiker diskutieren also mal wieder über ein Thema, was derzeit eigentlich kaum von Bedeutung ist. Sollten sie die kalte Progression trotzdem beseitigen wollen, so wäre die Lösung eine automatische Anpassung des Einkommenssteuertarifs an die Inflationsrate.

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Björn Waide

Björn Waide

Geschäftsführer bei smartsteuer
Niemals hätte Björn während seines Informatik-Studiums gedacht, dass Steuerthemen so spannend sein können. Nun ist er Geschäftsführer der smartsteuer GmbH und völlig begeistert von der Online Steuererklärung.