Die Europawahl 2014 ist gelaufen. Zukünftig werden 14 Parteien für Deutschland im Europaparlament sitzen. Die AfD zieht mit 7 Prozent erstmals in ein Parlament ein. Aber auch die Piratenpartei und Die Partei sowie fünf weitere kleine Parteien ziehen mit einem Abgeordneten in das neue Europäische Parlament. Wir haben uns mal angeschaut, wie die Parteien Wähler bei Facebook und Twitter in der heißen Wahlkampfphase angesprochen haben. Welche Facebook-Posts und Tweets liefen besonders gut? Was erhielt die meisten Likes, Shares und Retweets? Untersucht wurden die Accounts der Bundesparteien für den Zeitraum vom 1. Mai – 25. Mai 2014. Ob die Parteien ihre Posts mit Werbeanzeigen unterstützt haben und dadurch mehr Interaktionen erzielten, haben wir unberücksichtigt gelassen.
CDU – Plakate und Rezepte
Die CDU punktet bei Facebook mit ihren Plakaten zur Europawahl. Auch wenn die Merkel-Plakate von den Medien und den Konkurrenten kritisch gesehen wurden, haben sie die Anhänger anscheinend überzeugt: Mit 1.674 Interaktionen (Likes, Comments und Shares) war dies der beste Facebook-Post der CDU im Europawahlkampf.
Die meisten Retweets und Favoriten sammelte die CDU während der #Wahlarena, wo ihr europäischer Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker gegen Martin Schulz antrat.
Starker Auftritt von @JunckerEU, gemeinsam haben wir ein Rezept für ein starkes Europa #wahlarena #mitJuncker /umg pic.twitter.com/ZIKmHKFJo2
— CDU Deutschlands (@CDU) 20. Mai 2014
Allerdings kann man bei dem Europa-Rezept nicht von einem wirklichen Social Media Hit sprechen. Jeweils 26 Retweets und Favoriten sind durchaus steigerbar. Die Unterstützerplattform Wir sind CDU forderte ihre Anhänger dann auch passend dazu auf:
Ihr müsst mehr RETWEETEN.
Psssssst. Ihr müsst mehr RETWEETEN. Gerade bei so Veranstaltungen wie der MediaNight. #mn14 http://t.co/4TrraJnwo8 /c
— Wir sind CDU (@WirsindCDU) 7. Mai 2014
CSU – Kreuze und Wahlaufruf
Wirklich social media ist die CSU wohl nicht. Mit ihrem Bekenntnis zu den "christlichen Wurzeln Europas" trifft sie aber den Nerv ihrer Anhänger und Mitglieder. Ihr erfolgreichster Post erhielt über 1.100 Interaktionen.
Bei Twitter sieht es dann allerdings nicht so gut aus: Mit über 11.000 Followern steht die CSU gar nicht so schlecht da, aber ihre Tweets laden nicht gerade zum Teilen ein. Ihr erfolgreichster Tweet mit sieben Retweets und drei Favoriten war ihr Wahlaufruf:
Auf geht's zur Europawahl! Bayern stärken. Europa verbessern. CSU wählen.
— CSU-OnlineTeam (@CSU) 25. Mai 2014
SPD – schlichter Text und wortgewaltiger Steinmeier
Bei der SPD war schlichter Text mit markigen Forderungen der Renner:
Sowohl bei Facebook wie auch bei Twitter zog diese Form die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Ihr Tweet gegen populistische Parteien sicherte ihnen mit 99 Retweets und 53 Favoriten Platz zwei der Tweets zur Europawahl.
Populistische Parteien sind Volksverführer und keine Problemlöser. #tvduell pic.twitter.com/VMvONDN1Bt
— SPD Parteivorstand (@spdde) 8. Mai 2014
Aber der eigentliche Hit war nicht geplant und wurde auch nicht über die offiziellen Social Media Kanäle der SPD gestreut: Die Wutrede von Frank-Walter Steinmeier wurde mittlerweile über 2,3 Millionen mal geklickt.
Die Grünen – TTIP und die Hühner
Bündnis90/Die Grünen haben in ihrem Wahlkampf als eine der wenigen Parteien das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zum Thema gemacht. Ihre Bildmontagen und frechen Sprüche riefen ihre Fans und Follwer erfolgreich zum Teilen auf.
Auf Twitter schafften sie es mit ihrem Post gegen den Spitzenkandidaten der SPD, Martin Schulz, auf 180 Retweets und 70 Favoriten. Dies war der erfolgreichste Tweet aller Parteien.
#Schulz tut so, als sei er gegen #TTIP. Seine Fraktion hat anders abgestimmt: http://t.co/sVIrOguIFP #tvduell pic.twitter.com/GerzYtUOwm
— BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN (@Die_Gruenen) 8. Mai 2014
FDP – Rente statt Europa
Gemessen am Wahlerfolg hat die Mobilisierung der FDP-Anhänger und Mitglieder nach dem Wahldebakel zur Bundestagswahl nicht wirklich geklappt. Dies zeigte sich auch in der Resonanz in den sozialen Netzwerken. Kein Post zur Europawahl schaffte es, den Appell der FDP und ihres Vorsitzenden Christian Lindner gegen das Rentenpaket zu schlagen. Damit punkteten die Liberalen zur Wahlkampfzeit mit einem innenpolitischen Thema. Bei Facebook erhielt der Appell über 500 Interaktionen.
Bei Twitter sieht es bescheidener aus: Der Tweet zum Rentenpaket erhielt 31 Retweets und 21 Favoriten. Die über 20.000 Followern des FDP-Accounts leiden wohl ähnlich wie die CDU-Anhänger an einer Retweet-Müdigkeit.
"Wir wollen, dass Deutschland #enkelfit gemacht wird." @c_lindner pic.twitter.com/EMfASazKt4
— FDP (@fdp) 23. Mai 2014
DIE LINKE – Friedensnobelpreis für den Wahlaufruf
DIE LINKE hat mit einer Verbindung ihres Wahlaufrufes und der Warnung vor den Rechten ihre Fans überzeugt. Über 8.500 Interaktionen folgten.
Der Vorschlag, Snowden für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen, kam mit 31 Retweets und 40 Favoriten ebenfalls gut an.
Gysi: "Unsere Fraktion hat beschlossen #Snowden für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Er hat die Welt aufgeklärt!" #linkebpt
— DIE LINKE (@dieLinke) 11. Mai 2014
AfD – Mit Ironie zum besten Post
Die AfD hatte den meisten Erfolg – nicht mit einem ihrer markigen Sprüche – sondern mit etwas Lustigem. Nachdem wohl etliche ihrer Plakate zerstört oder bemalt wurden, haben sie kurzerhand und kreativerweise – so muss man sagen – ein Plakat zum Ausmalen gehängt. Das kam bei Facebook an. Über 24.000 Interaktionen konnte die Alternative verbuchen und sicherte sich damit den erfolgreichsten Facebook-Post aller Parteien zur Europawahl.
Bei Twitter sind die AfD und ihre Anhänger hingegen nicht so aktiv. Ihr Wahlaufruf vom Sonntag war ihr erfolgreichster Tweet:
Alternativlos oder Alternative los! ?
Heute entscheidet Ihre Stimme!
#AfD+ Liste 20 wählen!
#EP2014 pic.twitter.com/l2EhOAYKiU
— Alternative für DE (@AfD_Bund) 25. Mai 2014
Piratenpartei – Zahlenspiele und Liberté
Das Rechenspiel der Piraten – Was wäre, wenn alle Nichtwähler die kleinen Parteien wählen – traf den Nerv der Piratenanhänger. Ganz nach dem Motto: "Meine Stimme kann was verändern" erhielt der Post über 2.000 Interaktionen.
Bei Twitter hätte man den Pirtaten aber fast mehr zugetraut. Für ihren erfolgreichsten Tweet Liberté, Egalité, Internet erhielt die "Twitterpartei" 79 Retweets und 60 Favoriten.
Guten Morgen zusammen! Liberté, Egalité, Internet, ey! /js pic.twitter.com/gVAWqSJqIY
— Piratenpartei (@Piratenpartei) 22. Mai 2014
Die Partei – Lügen und Selbstzweifel
Die Satirepartei schaffte es mit ihrem Lügenplakat und über 18.000 Interaktionen auf Platz zwei der Facebook-Posts zur Europawahl.
Twitter lief dagegen nicht ganz so phänomenal aber dennoch mit Witz und Selbstzweifeln:
Selbstzweifel, einen Tag vor der Wahl…: Die PARTEI-Spitze fragt sich gerade, ob wir irgendetwas falsch gemacht… http://t.co/Y5gcZxWjI8
— Die PARTEI (@DiePARTEI_News) 23. Mai 2014
Platzen der Filter-Bubble?
Uns ist ganz klar, die Tweets und Posts verbreiten sich auch unabhängig von den offiziellen Parteiaccounts. Aber man sieht, was zieht und evtl. Chancen hat, auch bei Nichtmitgliedern und Unentschlossenen anzukommen – also die Filter-Bubble platzen zu lassen. Es sind vor allem ironische und witzige Motive aber auch markige Forderungen, die erstmal den Nerv der Anhänger treffen und sich so verbreiten. Gut gemachte Grafiken, in denen Forderungen ansprechend visualisiert werden, laufen ebenso … ein fertiges Rezept gibt es nicht, aber ein bisschen mehr Mut wäre manchmal nicht fehl am Platz!

Sebastian Schmidtsdorf

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