Alles Nazis, hört man breite Teile der Öffentlichkeit oft von der AfD sprechen. Besonders die Landesverbände in der ehemaligen DDR, speziell in Sachsen-Anhalt und Thüringen, kokettieren in der Öffentlichkeit gerne mit rechtem Flair. Der neueste Medienstreich aber ist anders. Denn da kommt dieselbe Kritik plötzlich aus den eigenen Reihen.

„Die AfD besetzt in Thüringen zentrale Funktionen mit Personen, die in ihrer Vergangenheit tief im rechtsextremistischen Bereich tätig waren.“

Der Satz stand so in einem Artikel der Thüringer Allgemeinen. Gefallen ist er aber nicht von irgendwelchen Gegendemonstranten, sondern von Bernd Höckes Stellvertreterin im Landesverband Thüringen, Steffi Brönner. Die Partei lasse es zu, dass rechtsextremes Gedankengut durch Strömungen innerhalb der Partei salonfähig werde, hieß es weiterhin. Dabei monierte Brönner die Duldung durch Funktionsträger. „Eine ganz normale zweiminütige Internetrecherche zeigt die entsprechende Vergangenheit auf. Es drängt sich mir unweigerlich der Verdacht auf, dass diese Personen bewusst in entsprechende Funktionen berufen worden sind“, lässt sie sich zitieren. „Das sind Tendenzen, mit denen ich mich nicht länger identifizieren kann.“ Deswegen hat Brönner sich entschieden, ihren Posten als stellvertretende Landeschefin der AfD Thüringen aufzugeben.

Auslöser war eine geplante Veranstaltung in Thüringen, die auch zwei Konzerte mit rechtsextremem Hintergrund beinhaltete. Darin involviert war wohl das mittlerweile aus der Partei ausgetretene AfD-Mitglied Bodo Dressel. Brönner sah in dessen Engagement eine ungesunde Verquickung und wandte sich auch in mahnendem Ton an die Parteibundesspitze. Indes bedauert der Landesverband Brönners Rücktritt, beklagte aber auch das „mediale Nachtreten.“

Dabei ist der Vorwurf, man spiele mit rechtsextremen Tendenzen, kein neuer für die AfD Thüringen. Den letzten großen Aufruhr verursachte Landeschef Höcke selbst mit seiner „Dresdner Rede“. Damals verstolperte er sich mit seinen Äußerungen über das Holocaust-Mahnmal in Berlin, das er als „Denkmal der Schande“ bezeichnete, und die „dämliche Bewältigungspolitik“. Der Bundesvorstand um Frauke Petry leitete im Anschluss ein Parteiausschlussverfahren gegen Höcke ein, das die innerparteilichen Grabenkämpfe der AfD verstärkte.

(Höcke im Thüringer Landtag, 2015. Bild: Olaf Kosinsky (Own work) [CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Nicht die erste Warnung

Unterstützer dieses Verfahrens war auch Matthias Wohlfarth, Gründer und ehemaliger Chef des AfD-Landesverbands Thüringen, der 2014 von seinem Amt zurücktrat, da er dem forschen Charisma Höckes nichts entgegenzusetzen hatte. Nach der umstrittenen Rede warf Wohlfarth diesem vor, einen Personenkult zu betreiben und in erster Linie eine Bühne für sich selbst gezimmert zu haben.
Tatsächlich scheint man an der AfD Thüringen exzellent den Kampf studieren zu können, den die Partei bundesweit mit sich selbst führt: Zwischen alt und neu, rechts und real, national und wertkonservativ. Jürgen Ptucha, ebenfalls Thüringer Gründungsmitglied, fasst es so zusammen: „Herr Höcke hat in der Landespartei eine sehr sehr mächtige Funktion, weil er natürlich auch viel zu vergeben hat. (…) Und ich beobachte auch, dass Leute da sehr schnell in Ungnade fallen und dann in der Versenkung verschwinden.“

Dass zwischen Höckes Rhetorik und seinen Positionen und denen der NPD oft keine klare Grenze herrscht, stellte das „Kompetenzzentrum Rechtsextremismus“ der Friedrich-Schiller-Universität Jena bereits im Januar 2016 fest. Antifaschistische Blogs deckten zudem Verbindungen führender Thüringer AfD-Funktionäre zum rechten bis rechtsextremen Spektrum auf. Ob der jüngste Aufschrei von Steffi Brönner etwas daran ändert, ist fraglich. Wichtig ist er allemal.

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Louis Koch

Louis Koch

Redakteur bei appstretto
Louis studiert Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin. Er hat Spaß am Texten und Konzipieren, vor allem, wenn es um Politik geht. Bei appstretto ist er als Redakteur unter anderem für die Inhalte von wahl.de zuständig.
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