Über Humor, Geschmack und Karneval kann man bekanntlich streiten. Die beliebte Fastnachtssendung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ ist auch nach der Live-Übertragung in aller Munde. Der Landesvorsitzende der AfD, Uwe Junge, hatte angeblich die Bühne stürmen wollen und war dann des Saales verwiesen worden. Nun mischt sich sein Parteifreund Meuthen ein.
Harte Kritik an der AfD
Die Mainzer „Fastnacht“ ist bekannt für ihre kabarettistischen Beiträge. Die Welt-, Bundes- und Landespolitik bekommt in der Karnevals-Hochburg ihr Fett weg, parteiübergreifend und ohne Ausnahme. Dabei sind im Saalpublikum viele führende Politiker anwesend. So auch Junge, der zunächst noch von Sitzungspräsident Andreas Schmitt formell begrüßt wurde. In seiner Büttenrede sagte Schmitt dann u.a. wortwörtlich:
„Wenn Pegida und AfD zum Aufmarsch gehen, so viel Dummheit auf einem Haufen hat noch keiner gesehen. Der IQ steht denen allen im Gesicht – 12.000 Volt im Arm, da oben brennt kein Licht. Wenn Jérôme Boateng mein Nachbar wär – das wär für mich wohl eine Ehr. Jetzt merkt man’s endlich, es ist auch Zeit – vom Gauland zum Gauleiter ist es gar nicht so weit.“
„Obermessdiener“ Andreas Schmitt würdigt #KardinalLehmann mit Carl Zuckmayer „…als wär’s ein Stück von mir“ #mbm16 pic.twitter.com/cyXTYbiTeU
— Bistum Mainz (@BistumMainz) 5. Februar 2016
Junge: Geleit durch Hinterausgang
Nach Schmitts Rede soll Junge versucht haben, zusammen mit seinem Parteikollegen Armin-Paul Hampel vom Publikum aus am Rande des Saals hinauf ins Rampenlicht gelangen. Günther Dudek, der für die Live-Aufnahme verantwortliche SWR-Redakteur, erklärte, dass Junge auf die Bühne wollte, um ein paar Worte ans Publikum zu richten und sich dann zu verabschieden. „Das ist allerdings in der Live-Sendung nicht vorgesehen und nicht erwünscht“
Kein Witz: #AfD-Vorsitzender Junge wollte bei „Mainz bleibt Mainz“ die Bühne stürmen. https://t.co/9iIMVkFHee #Mainzbleibtmainz pic.twitter.com/Wmb2VMdLaa
— Kísér Let (@LetKiser) 25. Februar 2017
Junge und Hampel, die zur Fastnacht in Preußenkostümen erschienen waren, wurden daraufhin vom Sicherheitspersonal durch einen Hinterausgang aus dem Saal geleitet. Die Darstellung Dudeks wies Junge zurück. Er hatte sich nur verabschieden wollen. „Wir hatten auf keinen Fall vor, die Bühne zu stürmen.“
Meuthen: „Der blanke Hass auf unsere Bürgerpartei“
Der Bundessprecher der AfD, Jörg Meuthen, griff daraufhin in einem Facebook-Kommentar die Büttenrede Schmitts auf und titelte „Kriegserklärung statt Karneval.“ Früher hätte man immer lachen können, wenn Politiker bei Fastnachtssitzungen „ihr ‚Fett weg‘ bekamen“, da man wusste, dass sie trotzdem als der Teil der Gesellschaft betrachtet worden seien.
Das sei bei der letzten Sitzung nicht mehr der Fall gewesen. Besonders in Bezug auf seine Partei und Wähler. „Da ist kein Herz mehr zu spüren, nur noch der blanke Hass auf unsere Bürgerpartei, weil sie als einzige gegen die Irrsinnspolitik der Kartellparteien aufbegehrt. Diese Sendung glich teilweise einer Kriegserklärung gegenüber der AfD.“
Kein Wort zu Junge
Meuthen beschrieb die Rede als „Skandalöseste Diffamierungen, übelste Hetze und zugleich ein entlarvendes Demokratieverständnis“.
Er zitiert mehrere Stellen aus Schmitts Rede. Diese Form der Satire sei nur darauf aus, die Gesellschaft weiter zu spalten.
Während Meuthen zu Beginn seiner Stellungnahme den Humor als Instrument der satirischen Kritik lobt, endet er mit den Worten „Jede Form der Auseinandersetzung hat in einer Demokratie mit Argumenten zu erfolgen und mit nichts anderem.“
Die Vorwürfe gegenüber seinem Kollegen Junge ließ er unerwähnt.
Applaus vom politischen Gegner
Applaus für die AfD-kritische Fastnacht kam vom politischen Gegner. Die Parteivorsitzende der Grünen, Simone Peters, lobte die klare Haltung der Karnevals-Show.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Marcus Held dankte, dass man Junge aus dem Saal gebracht hatte.
Auch Salvatore Barbaro, Staatssekretär in Rheinland-Pfalz, befürwortete den Einsatz der Sicherheitskräfte.
Narrenfreiheit gegen Rechts
Der Widerstand gegen rechte Gesinnungen hat in der Mainzer Fastnacht Tradition. Während der NS-Zeit bewiesen wenige Karnevalisten in Köln den Mut, sich mit ihrer Narrenfreiheit auch gegen das Hitler-Regime zu äußern. In Mainz wurde der Brauch der politischen Fastnacht jedoch weiterhin ausgeübt. Seppel Glückert und Martin Mundo wagten es in Büttenreden immer wieder, auf Konzentrationslager und das Schweigen der Bevölkerung anzuspielen. Die „Narrenfreiheit in der Bütt“ wird man sich auch nicht von der AfD verbieten lassen.
Helena Serbent
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