Die Wahl in Nordrhein-Westfalen ist vorbei, Hannelore Kraft scheidet aus dem Amt als Ministerpräsidentin und Armin Laschet feiert seinen Triumph. Doch der wahre Sieger des Abends ist einer, der eine totgesagte Partei wieder zum Leben erweckt hat: Christian Lindner. Unter ihm fährt die Partei das beste Ergebnis aller Zeiten in NRW ein.

Eine Regierung mit der CDU ist möglich, die Liberalen träumen bereits vom Einzug in den Bundestag. Lindner sagte auf seiner Pressekonferenz, die FDP sei bereit Verantwortung zu übernehmen. Der Sieg kommt nicht von ungefähr: Die digitale Wahlkampfstrategie hat ihren Teil geleistet.

Wählerwanderung zu Gunsten der Gelben

Etwa 30 Tausend ursprüngliche SPD-Wähler haben sich bei der Landtagswahl für die FDP entschieden. 21 % der Selbstständigen haben die Wirtschaftspartei gewählt. Interessant ist, wie die verschiedenen Altersgruppen abgestimmt haben. Besonders stark ist man hier bei den über 60-Jährigen vertreten (11%), genauso viele sind es bei den zwischen 35- und 44-Järhrigen. Der 38-Jährige Spitzenkandidat punktete also besonders in seiner Altersgruppe oder stupider ausgedrückt: Die Christian Lindners dieser Welt wählten Christian Lindner. Dieser nannte als Gründe für den Erfolg die Oppositionsarbeit und die klare Kante gegen die Regierung und die CDU.

Lindner: “Die Rolle des Tempomachers“

Lindner distanzierte sich politisch auf der Pressekonferenz, bei der er allein als Bundesvorsitzender und Spitzenkandidat auftrat, von der CDU. Er kritisierte, dass das Parteiprogramm der CDU in NRW von Peter Altmeier verfasst worden sei, junge CDUler ausgeschlossen worden wären und sieht sich im Falle einer Koalition als „Tempomacher“ in der Regierung. Keine andere Partei kümmere sich außerdem um die Digitalisierung, 96 % der FDP-Wähler haben sich deshalb für sie entschieden. „Wir werben einfach für das, was wir für richtig halten.“

Wahlkampf online

Lindner und die FDP haben auf einen digitalen Wahlkampf gesetzt, der bei Twitter und Facebook besonders präsent. Dabei druckte man das Gesicht des Spitzenkandidaten gerne mit schmissigen Zitaten und bunt gemarkerten Buchstaben, die auf den sozialen Medien hervorleuchten.

Gleichzeitig griff man popkulturelle Themen auf, grenzte sich von den Hetzkampagnen der AfD ab und zeigte sich als Partei Europas.

Außerdem gab sich nicht nur die Partei, sondern vor allem auch der Spitzenkandidat volksnah. Er nutzte den Bruch der Mauer, die Wähler und Partei trennte und sannte Live-Videos in die Welt hinaus.

Selbst das Spiel von nicht vorhandener Digitalisierung und dem Mangel daran in NRW nahmen die Liberalen auf und verbreiteten ihn anschließend, dass er zum viralen Hit wurde.

Flächendeckender Erfolg

Auch, wenn er nicht wirklich kruz und einprägsam war, hatte die FDP auch einen Hashtag: #EsGehtUmUnserLand. Damit mobilisierten hauptsäclich die JuLis, die Jugendorganisation der Liberalen.

Und natürlich profitierte man wieder einmal davon, dass die anderen Parteien (die PIRATEN ausgenommen) ihren Online-Auftritt vernachlässigten. Das digitale Angebot und die Vermittlung von Themen des Wahlprogramms auf die digitale Ebene wurde bewundernd zur Kenntnis genommen.

Die neue Kraft von Düsseldorf

Die FDP bleibt vor allem der strahlende Sieger, weil sie das beste Ergebnis aller Zeiten in NRW bekam, während die CDU zwar stärkste Kraft ist, jedoch das zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte des Bundeslandes einfuhr. Ohne die Linke im Landtag reicht es für eine Koalition von CDU und den Liberalen. Inwieweit die ehemalige Opposition einen realen Politikwechsel vollziehen kann bleibt abzuwarten. Die Bundestagswahl wartet und Lindner kann sie als der Mann bestreiten, der die FDP aus dem Sumpf der Bedeutungslosigkeit gezogen hat. Wenn die anderen Partei nicht anfangen ebenfalls ihren Wahlkampf auf das Netz auszuweiten, werden sie dies bitter bereuen.

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Helena Serbent

Helena Serbent

Seit ihrem Volontariat bei Media Partisans arbeitet Helena Serbent für „wahl.de“ und moderiert bei ALEX Berlin die Talksendung „Kopf.Hörer“. Ihre Schwerpunkte sind Politik und Digitalisierung.