Andreea M. Belu (Master Absolventin in ‚Business & Philosophy‘), hinterfragt in ihrem Artikel „Facebook’s effects on democratic action“ die Rolle des sozialen Netzwerks in der politischen Diskussionskultur. Dazu forschte sie 2016 an der „Copenhagen Business School“. Sie beschuldigt Facebook einem Mechanismus Plattform zu bieten, der echte Demokratie unterdrücke und stattdessen irrationalem, politischem Extremismus Raum biete. Belu betrachtet Facebook deshalb mit der Frage, inwiefern Macht hier strategisch oder kommunikativ ausgeübt wurde.

Nutzen trotz Ignoranz

Belus Herangehensweise lautet: Wie funktionieren politische Debatten bei Facebook? Als Facebook begann eine Mischung aus Kontaktplattform und Diskussionsforum zu werden, schien sich das soziale Netzwerk noch nicht dafür zu interessieren, ob seine Nutzer politischen oder sozialen Studien zustimmten. Heute registriert Facebook zwar das Verhalten der Community, ignoriert aber praktisch ihre Wahl. Beispielsweise kann man sein Profil nur schwerlich komplett löschen, Daten bleiben gespeichert und werden weiter genutzt.

Wenn Klicks politisch werden

Doch Facebook braucht die Meinung seiner Nutzer, denn sie bestimmen, was viral geht. Und was viral geht, produziert Daten und hält sich im virtuellen Bewusstsein. Auch politische Themen gehen viral, der Klick als Teil einer Welle, die sich von der alltäglichen Datenflut abhebt.
Gleichzeitig erschafft der Nutzer eine politische Filterblase. Sein Datensatz empfiehlt neue Beiträge. Jeder wird so in seinem Weltbild bestätigt, die Meinung dadurch verschärft. Ein „Gefällt mir“ wird zur politischen Handlung. Angetrieben von der Online-Alternative des Aktivismus, gedeiht der politische Extremismus mit Algorithmen. Facebook gibt Nutzern nur das, was sie auch lesen wollen und liefert kein umfassendes Tatsachenbild. Zunächst mag eine einzelne Person noch politisch gemäßigt sein, doch die Spirale der Filterblase zieht sie immer weiter in den Extremismus. Das Netzwerk nimmt so aktiv Einfluss auf die Identität seiner Nutzer.

Falsches Spiel

Facebook, so Belu, ist kein neutrales Terrain. Stattdessen sieht sie in dem Netzwerk einen Schauspieler, der sich immer so darstellt, wie ein betsimmter Nutzer ihn haben will. So vermittelt es aber auch verschiedene Botschaften an verschiedene Personen und sorgt so dafür, dass sie bei einem Aufeinandertreffen brutal gegeneinander prallen. Nutzer stimmen nur mit dem überein, was ihnen aus den Algorithmen heraus logisch erscheint. Auf alles Fremde reagieren sie mit Unverständnis. So vertiefen sich die Gräben und ein Konsens scheint nur noch unter Gleichgesinnten möglich.

Facebook: Das Gegenteil von Rationalität

Facebook fördert die politische Debatte nicht, sie macht sie mehr oder weniger unmöglich, weil Personen mit anderen Meinungen als irrational dargestellt werden,kein Raum für eine konstruktive Debatte. Auch wenn Facebook nur virtuell stattfindet, übertragen sich doch die Muster aufs reale Leben. Mit sinkender Fähigkeit eine streitfreie Diskussion zu führen, muss die Demokratie an sich eine hohe Einbuße erfahren. Ermutigt durch Online-Popularität, durch krasse Äußerungen im Netz, die Bestätigung erfahren haben, werden die Debatten auf die Straße gebracht.
Das einzige Kriterium, das wirklich zählt, ist: Wie viral ist ein Aspekt? So werden Minderheiten stumm geschaltet, die Wahrnehmung der großen Masse verschiebt sich in die Extreme und wer sich versucht anzupassen, stößt an die harten Kanten von links und rechts. Der Konsens, Kern einer Demokratie, geht verloren.

Die Filterblase bleibt Schuld

Auch wenn Belus These, Facebook sei Schuld am Schwund der der Demokratie, recht reißerisch klingt, bringt sie keine neuen Aspekte hervor. Der Input bleibt der Gleiche: Filterblasen und Algorithmen sind Schuld daran, dass unsere Sicht immer engstirniger wird. Nichts neues, aber mal wieder ein Argument dafür, dass soziale Medien uns immer unsozialer machen.

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Helena Serbent

Helena Serbent

Seit ihrem Volontariat bei Media Partisans arbeitet Helena Serbent für „wahl.de“ und moderiert bei ALEX Berlin die Talksendung „Kopf.Hörer“. Ihre Schwerpunkte sind Politik und Digitalisierung.