Die Digitalisierung scheint in Deutschland bei den alt eingesessenen Parteien noch nicht ganz angekommen zu sein. Das macht den folgenden Streich des Aktivisten-Kollektivs Peng und des Schauspiel Dortmund umso rigoroser. Sie ließen online eine Kampagne gegen die Waffenindustrie starten – mit dem Stempel der CDU.
Durchgeplantes Design
Eine Website mit der typischen orangen Signalfarbe. Ein kleines Kind mit großen Augen. Eine Online-Petition, ein Hashtag: #CDUmitGefühl. Und eine ganz klare Ansage: „Die christliche Wählerbasis der CDU fordert Kanzlerin Angela Merkel auf, einen Verzicht von Kleinwaffenexporten in Deutschland durchzusetzen.“
In einem verlinkten Facebookvideo fordert eine gewisse Brigitte Ebersbach, die sich als Vorsitzende des CDU Ortsverbands Schwenke vorstellt, dass ihre Partei auf Kleinwaffenexporte verzichten sollte.
Weltweite Reaktion
Es besteht zunächst kein Grund anzunehmen, dass die Seite gefaked sei. Ein gefälschte Copyright ist von 2011, Online-Texte gehen zurück bis in den August 2016. Ein Leitantrag, passend zum Landesparteitag. Den angeblichen Besuch der CDU Höxter in Schwenke bebildern die Aktivisten mit einem realen Foto der CDU Steinheim. Die weltweiten Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten.
Es geschehen Zeichen und Wunder: Ein CDU-Ortsverband stellt sich gegen Kleinwaffen #cdumitgefuehl https://t.co/4JwcjJAhv0
— metronaut (@metronaut) 2. Mai 2017
Okay, ganz ehrlich: die CDU ist gar nicht christlich. #cdumitgefuehl waren wir. Und Fox News, NYT und der Vatikan. https://t.co/d62ahdxgFm pic.twitter.com/85Zk1wbgee
— Peng. (@PengBerlin) 2. Mai 2017
Deutsche Reaktion als Stimmungsbild?
Auf Twitter konnten die meisten User diese Nachricht kaum fassen. Zumindest der angebliche Adressat schien unglaubwürdig. Dennoch freuten sich die meisten Kommentatoren einfach über das Ergebnis.
Es ist egal, WER das richtige tut.
Hauptsache, es wird getan.
Dieses Mal von der CDU-Basis.https://t.co/LulZ5RVyj5 #cdumitgefuehl— Linuzifer (@Linuzifer) 2. Mai 2017
Die Basis der Union will keine Leitkulturdebatte, sondern ein Verbot von Kleinwaffenexporten. Meinen ehrlichen Respekt für #cdumitgefuehl
— Krsto Lazarevic (@Krstorevic) 2. Mai 2017
Wir unterstützen eine #cdumitgefuehl 😇 Für den Christ in der Christdemokratie: https://t.co/B4wyCBetEn pic.twitter.com/yhWl48zrEP
— medico international (@nothilfe) 2. Mai 2017
Der Satiriker Shahak Shapira nahm den Post ebenfalls für bare Münze.
Richtig so. Ab jetzt nur noch Großwaffenexporte! Bazookas und Panzer für alle! #cdumitgefuehl pic.twitter.com/RNZvwXRh4m
— Shahak Shapira (@ShahakShapira) 2. Mai 2017
Und selbst die AfD hielt den Post für echt.
Mitgefühl mit der #CDU-Basis, die von der CDU-Spitze kurz vor den Wahlen wiederentdeckt+instrumentalisiert wird. ): #cdumitgefuehl #Frieden
— AfD wählen! (@mundaufmachen) 2. Mai 2017
Ein Spiel mit gutem Gefühl und der CDU
Doch hinter dem viralen Hit und dem Aufruf eine Petition gegen Waffenexporte zu unterschreiben, steht keine Basisgruppe, die ihre christliche Werte wiederentdeckt hat. Peng outete sich als Schöpfer und bat trotzdem weiterhin um Stimmen gegen den Rüstungsexport.
An dieser Stelle möchten wir uns auch bei der https://t.co/oy45N4WgaE bedanken, dass sie so toll mit uns gearbeitet hat! #cdumitgefuehl
— Peng. (@PengBerlin) 2. Mai 2017
Außerdem zeigten sie, wie sich jeder eine eigene Homepage im CDU-Style bauen kann.
Ihr könnt euren eigenen CDU Verband gründen, indem ihr bei https://t.co/5QVENtm3uK eine Seite kauft. #cdumitgefuehl pic.twitter.com/TZMX68EXUn
— Peng. (@PengBerlin) 2. Mai 2017
Keine schwarze Reaktion
Wie sehr die virtuelle Realität an den Christdemokraten vorbeigeht, sieht man an der nicht vorhandenen Reaktion. Obwohl das Themen „trending“ auf Twitter war, gab es keinerlei Meldungen der oberen Reihen. Hier hätte man gleich sehen können: Ein so brillanter Online-Auftritt passt kaum zur CDU. Mal wieder ein Moment, der zeigt, dass das Internet für die Partei nach wie vor „Neuland“ ist. Peng haben dagegen verstanden, wie Online-Marketing für die eigene Sache funktioniert und vielleicht eine größere Diskussion über christliche Werte in Gang gesetzt.
Helena Serbent
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