Am Ende wirkte der W20-Gipfel wie die inszenierte Folge einer Doku-Soap: Die reiche, blonde Dame aus Washington bedankt sich via Social Media für den Besuch in Berlin. Wer sie ist und welche Rolle sie spielt, ist nicht so genau geklärt, aber ihr Name war der Garant für Schlagzeilen: Ivanka Trump. Die Tochter des US-Präsidenten lenkte vom eigentlichen Thema ab – und zeigte damit umso deutlicher, wo die Probleme beim Blick auf Frauen liegen.

Was war das denn?

Ursprünglich mag der W20 eine gute Idee gewesen sein. „In erster Linie ruft die W20 die G20 dazu auf, eine Arbeitsgruppe für die wirtschaftliche Stärkung von Frauen (working group on gender-inclusive growth) aufzustellen. Dadurch soll die wirtschaftliche Stärkung von Frauen, neben der Überwachung und Messung von relevantem Fortschritt, als ein zentrales Querschnittsthema der G20-Gespräche etabliert werden“, erklärt sich das Projekt selbst auf der Homepage.

Nun hatte der Frauenrat und der Unternehmerinnen-Verband neben Königin Maxima der Niederlande, WF-Chefin Christine Lagarde, Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland, Anne Finucane, Vizechefin der Bank of America, Juliana Rotich, kenianische High-Tech-Gründerin, und Nicola Leibinger-Kammüller, die Chefin eines schwäbischen Maschinenbauunternehmen auch Ivanka Trump, die Tochter des US-Präsidenten, eingeladen. Poltisch und strategisch clever, um das Verhältnis zwischen Trump und Merkel etwas zu kitten. Zusammen diskutierte man auf dem Podium über weibliche Chancen in der modernen Wirtschaft. Viele intelligente Frauen auf einer Bühne. Da sollte doch etwas bei herum kommen.

Blümchenkleider statt Inhalt

Und das kam es: Es ging um die Frauenquote. Leibinger-Kammüllei ist gegen das Gesetz,, regelt in ihrem Unternehmen die Förderung von Frauen jedoch freiwillig. Sie zwinge diese regelrecht „in Führungspositionen“. Deshalb gelte ihre ungeschriebene Regel, dass in Endausscheiden um die guten Jobs „mindestens eine Frau“ dabei sein müsse. Merkel verteidigte die Quote unerwartet heftig: „Wir haben Unternehmen Jahre gebettelt und gebeten. Die haben sich das Gesetz selbst erarbeitet – durch Nichtstun.“

Berichtet wurde aber hauptsächlich über die Worte, mit denen Ivanka Trump ihren Vater als Frauenförderer darstellte. Natürlich wurde das ausgebuht. Die SZ titelte, als hätte sie die Überschrift aus einem Klatschmagazin geklaut: Verbrennt die Hosenanzüge! Alleine, dass das der Aufmacher einer Tageszeitung nach einem so wichtigen Treffen war, zeigt, wie selbstverständlich alltäglicher Sexismus verankert ist.

Die Frage nach Feminismus

„Wer von Ihnen auf dem Podium betrachtet sich selbst als Feminsitin?“ Trump winkt sanft mit der Hand und lächelt. Merkel ist sich nicht sicher, weil der Feminismus und sie viele Gemeinsamkeiten, aber auch viele Unterschiede aufwiesen.

Königin Maxima erklärt darauf: „Ich denke, eine Feministin ist jemand, der möchte, dass alle Frauen die Chance haben, glücklich, und stolz auf sich selbst zu sein.“. „Dann bin ich auch eine“, sagt Merkel.

Trump: Make Feminism great again?!

Ivanka Trump bezeichnet sich selbst als Feministin. Darf sie auch, schließlich bedeutet Feminismus die Wahl zu haben, was sie sein will, unabhängig von ihrem Geschlecht. Nur ist Trump ein Sinnbild für Feminismus, der sich auf das reduziert, was vor der eigenen Haustür passiert. Als Tochter aus reichem Elternhaus, weißer Hautfarbe und vermutlich auch etwas Ehrgeiz stand ihr jede Tür offen. Als arbeitende Mutter und Erfolgsgarant ihrer Familie ist vermutlich auch im Trump-Clan ihrem Geschlecht erhaben.

Doch ihr Blick endet da, wo der Tellerand ihren Horizont einengt: Bei den Minderheiten, die ohne finanziellen Rückhalt, manchmal allein erziehende mit mehreren Kindern, jeden Tag ums Überleben kämpfen müssen. Und egal, wieviel Ehrgeiz solche Frauen besitzen, gegen ein unmenschliches Wirtschaftssystem ohne Unterstützung kommen sie alleine nicht gegen diese Strukturen an. Es bräuchte mehr privilegierte Menschen, die das erkennen, ehe sich etwas ändern kann. Und so lange Trump einen Mann verteidigt, der sich in der wohl sexistischsten Weise geäußert hat, nur weil er ihr Vater ist, beweist sie, dass ihr dieser Blick fehlt.
Doch damit passte sie verstörend gut auf das überwiegend weiße Podium und nach Berlin, wo die mächtigste Frau der Welt nicht weiß, was Feminismus bedeutet und Blümchenkleider ein Zeichen von Erfolg sind.

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Helena Serbent

Helena Serbent

Seit ihrem Volontariat bei Media Partisans arbeitet Helena Serbent für „wahl.de“ und moderiert bei ALEX Berlin die Talksendung „Kopf.Hörer“. Ihre Schwerpunkte sind Politik und Digitalisierung.