Der Wahlkampf im Saarland wird von den Regierungsparteien analog betrieben. Wie sieht es mit den kleineren Parteien aus, die für die Digitalisierung kämpfen? Ist ihr Wahlkampf fortschrittlicher als bei der GroKo?

AfD Saar ohne Landtagsthemen.

Die AfD steht im Saarland —trotz verschiedener Skandale— noch auf 9 %. Weder die rechtsextremen Verbindungen zur NPD noch der Hakenkreuzverkauf konnten dem Landesverband um Spitzenkandidat Rudolf Müller etwas anhaben. Müllers Kandidatur selbst wird Online zwar kommuniziert, einen eigenen Auftritt als Person gibt es allerdings nicht. Das scheinbar zur Partei gehörende Twitterprofil ist ebenso nicht befüllt.
Die AFD-Saar-Website verweist auf ein Spendenkonto für analoge Wahlplakate und präsentiert eine eigene Seite zur Landtagswahl 2017, inklusive Online-Wahlprogramm. Die hier verlinkte Facebook-Präsenz zeigt, die AfD ist im Angriffsmodus. Hauptsächlich wirbt man hier jedoch mit Plakaten zu bundespolitischen Themen, außenpolitischen Diskursen und mit dem Gesicht der Front-Frau Petry.

An anderen Stellen finden sich Adenauer-Zitate auf Landschaftsfoto, dies zum 60. Geburtstag des Saarlands. Aktiv auf die anstehende Landtagswahl macht auf Facebook nurmehr das Cover aufmerksam, das auch gleich für die Wahlen im Bund, NRW und Schleswig-Holstein einsetzbar ist. Eine zielgerichtete Online-Kampagne ist aber darüberhinaus nicht zu erkennen.

Lafontaine ist digitaler Trumpf.

Der linke Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine ist mit 73 Jahren der älteste Spitzenkandidat oberhalb der 5%-Hürde. Mit 14 % liegt die Linke momentan an dritter Stelle in den Umfragen. Auf Lafontaines Facebook-Seite gibt er sich kämpferisch gegen die große Koalition und für den Sozialsaat. Wie die CDU- und SPD-Kandidatinnen auch findet aber keine Interaktion oder direktere Ansprache mit der Fan-Gemeinde statt. Die Plattform wird eher als digitale Broschüre genutzt, in der neben Selbstdarstellung und Saarlandthemen auch reichlich Platz für bundespolitisches gefunden wird.

Die Linke Saar scheint sich hinter ihrem Aushängeschild zu verstecken: Lafontaine ziert bei Facebook nahezu jedes Visual, gerne ergänzt um plakativen Zitaten und den Aufruf zum Machtwechsel.

Im Kontrast zur AfD beschäftigt sich die Linke jedoch aktiv mit Themen des Saarlandes, jedoch nicht auf Twitter. Die Linke Saar berichtet zwar regelmäßig über Aktivitäten, aber es fehlen hier sowohl Fotos als auch eine erkennbare Online-Strategie.

Grüne: Eigene Website für digitalen Wahlkampf.

Hubert Ulrich gilt als Königsmacher der Jamaika-Koalition von 2009. In Bezug auf einen digitalen Wahlkampf scheint er auch da hängen geblieben zu sein. Weder auf Social Media-Kanälen noch mit einer eigenen Website ist der Spitzenkandidat der Saar-Grünen vertreten.
Die Partei selbst präsentiert sich hingegen vielseitig, auf Facebook, Twitter und mit einer eigenen Kampagnenseite zum Thema „Die vergessene Wahrheit“.

Sowohl der Landesverband als auch die Fraktion der Grünen im Saarland sind auf Twitter vertreten.

Während die Fraktion noch mit aktuellen Themen beschäftigt ist, teilt der Verband Wahlplakate und erinnert gerne an die Möglichkeiten der Briefwahl. Im Fokus stehen dabei Themen, der Spitzenkandidat Hubert Ulrich bleibt eher unerwähnt.

Die Grünen müssen kämpfen, die 5%-Hürde im März zu überwinden. Ein engagierte Online-Wahlkampf ist offensichtlich elementarer Teil dieses Vorhabens.

FDP: Digital auf der Überholspur, doch keine 5 %.

Oliver Luksic hat Social Media verstanden. „Ich kann mich nicht allen Saarländern persönlich vorstellen“, das überlässt er lieber einem 90-Sekünder auf Facebook. Gewöhnungsbedürftig bestimmt, aber sicher effizient.

Die FDP ist bemüht, sich aus dem Ergebnistief zu kämpfen (2012: 1,2%) und gibt sich klar als erneuerte Partei zu erkennen, auch Online ist alles frisch renoviert. Die Website der FDP-Saar-transportiert die Ungeduld, endlich wieder in den Landtag zu wollen, spürbar.
An den Wahlplakaten, die auch online verfügbar sind, kommt man auch mit Mühe nicht vorbei. Wahlprogramm und digitaler Werbespot sind verfügbar. Ganz prominent verweisen die Liberalen bereits auf ihre Social Media Präsenzen, die auch fast vorbildlich befüllt werden.

Zitate, feste Forderungen, eine echte digitale Kampagne für „Das neue Saarland.“ – Ob das Digitale für den Wahlerfolg reicht, bleibt jedoch noch abzuwarten.

Digital, aber egal?

„Je älter, desto weniger digital“ kann eine Erkenntnis aus der digitalen Wahl-Beobachtung sein. Dass man sich nicht jedem Saarländer persönlich vorstellen kann ist kein Herrschaftswissen der FDP, aber das man sich auch andernorts als auf den Marktplätzen treffen kann ist offensichtlich noch nicht bei jedem Wahlkampfplaner angekommen. Vielleicht ist aber auch dieser (positiv formuliert) unaufdringliche Online-Wahlkampf ein Grund, dass sich im Rest der Republik wenig Aufmerksamkeit auf diese Wahl richtet.

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Helena Serbent

Helena Serbent

Seit ihrem Volontariat bei Media Partisans arbeitet Helena Serbent für „wahl.de“ und moderiert bei ALEX Berlin die Talksendung „Kopf.Hörer“. Ihre Schwerpunkte sind Politik und Digitalisierung.