Die Landeshauptstadt hat gewählt – und kann sich doch nicht richtig entscheiden. Das vorläufige Ergebnis deutet auf ein sehr knappes Ergebnis hin, klare Mehrheiten gibt es nur für Dreier-Konstellationen. Wir können uns also auf spannende bis lähmende Koalitionsverhandlungen einstellen.
Ergebnisse im Überblick
- SPD stärkste Kraft, aber mit großen Verlusten
- CDU schlechtes Ergebnis in Berlin
- Grüne und Die Linke Zugewinne
- FDP wieder im Parlament
- AfD aus dem Stand zweistelliges Ergebnis
- Führungsdiskussion in der CDU?
- Koalitionspoker: Rot-Rot-Grün oder „Deutschland-Koalition“?
Live bei der SPD.
Posted by wahl.de on Sunday, September 18, 2016
Koalitionsoptionen
Klar ist, dass ein Weiter-so in Berlin schon rechnerisch nicht klappt. Ein Dreierbündnis wird notwendig für eine einigermaßen stabile Mehrheit.
Am Wahlabend halten sich alle Spitzenkandidaten natürlich noch bedeckt und verkünden, offen und mit „allen demokratischen Parteien“ zu sprechen. Der Verhandlungs- und Sondierungspoker wird sich einige Tage oder Wochen hinziehen, bevor sich eine der bunten Zusammensetzungen abzeichnet. Die Hochrechnungen sehen Potential für #r2g (Rot-Rot-Grün), Kenia (Schwarz-Rot-Grün), Jamaika (Schwarz-Gelb-Grün) oder eine Deutschland–Koalition (Schwarz-Rot-Gelb).
Hält sich Henkel?
Nach der Wahlschlappe werden Stimmen laut, die Führung des CDU-Landesverbandes zu erneuern. Noch ist unklar, ob der interne Wahlkampf begonnen hat, da auch die potenziellen Nachfolger Henkels nicht alle auf gute Ergebnisse in ihrem Wahlkreis verweisen können. Trotzdem erwarten einige, dass es an der CDU-Spitze zu Personalwechseln kommt. Henkel selbst schließt einen Rücktritt deutlich aus.
Meinungen
Raed Saleh (SPD Fraktionsvorsitzende):
„Wir werden mit allen demokratischen Parteien reden.“
Monika Grütters (CDU Kulturstaatsministerin):
„Müller muss klären, ob er ein extrem linkes Bündnis oder eins der Mitte mit uns und FDP oder Grünen will.“
Bettina Jarasch (Grüne):
„Michael Müller hat ein versprechen abgegeben. Der Ball ist beim ihm. Er steht im Wort bei den Wählern.“
Katrin Lompscher (LINKE):
„Wir reden mit Müller auf Augenhöhe.“
Beatrix von Storch (AfD-Landesvorsitzende)
„Wir sind in der Hauptstadt angekommen.“
Michael Müller (SPD, Regierender Bürgermeister):
„Wir werden auf keiner Ebene mit AfD zusammen arbeiten.“
Regierender Bürgermeister? Müüüüüüller
Wenn nicht alle über ihren Schatten springen und die AfD Regierungsverantwortung bekommt – und annimmt, dann wird Müller als Wahlsieger auch zukünftig die Geschicke der Stadt lenken dürfen. Oder müssen.
Keine Themen, überall Probleme
Was die Wahl sicher beeinflusst hat: der Mangel an Themen. Berlin bleibt gefühlt uneins, welchen Mangel man für wichtiger erachtet: Mangel an bezahlbaren Wohnungen, benutzbaren Schulen, beflissenen Lehrern, baldigen Bezirksamtsterminen etc. – hier haben wir bereits exemplarisch über die „Konfliktlinien“ berichtet, aber letztlich ist jedes Thema irgendwie dringlich.
Bezirks-Verantwortung für die AfD
In vielen Berliner Bezirken wird die AfD aufgrund ihres Abschneidens mehrere Bezirksverordnete und damit Stadträte stellen. Nun müssen die anderen Parteien klären, wie sie mit der Partei in den Bezirksverordnetenversammlungen umgehen werden.
Klas Roggenkamp
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5 Comments
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Berlin braucht einen kompletten Neuanfang mit unverbrauchten objektiven Personal. Die Etablierten haben Berlin dorthin gebracht wo es heute steht.
Ich stimme Joachim Becker zu.
Hinzu kommt, dass die Altparteien nach eigenen Aussagen unter keinen Umständen mit der AFD zusammenarbeiten wollen - und damit zeigen, welches Demokratieverständnis diese Leute haben. Sie leben in ideologischen Traumwelten. Und das zeigt sich eben am ehesten an Berlins desaströsem Gesamtzustand.
Es wird Zeit, dass die etablierten Parteien, wie in der Schweiz, untergehen, um verkrustete Strukturen aufzubrechen und frischen Wind in die Politik zu bringen.
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