Die nächste Bundesregierung wird bei der Energiewende vor allem vor drei Herausforderungen stehen. Zum einen gilt es, den Kompetenzstreit zwischen Umwelt-, Wirtschafts-, und Verkehrsministerium zu lösen, der die Gesetzgebung in den letzten Jahren stark verlangsamt hat.

Zum anderen müssen die Kosten für den groß angelegten Umbau der deutschen Energiewirtschaft eingedämmt werden. Peter Altmaiers Ankündigung Anfang des Jahres, die Energiewende würde bis 2040 rund € 1 Billion kosten, war diesbezüglich äußerst medienwirksam, obwohl die Zahl bei den bisherigen Zahlungsversprechen bis 2022 von über € 300 Milliarden kaum überraschen sollte.

CC BY-SA 2.5 Oliver Raupach

 Nicht zuletzt müssen außerdem die Akteure der Energiewende auch verstärkt die verschiedenen politischen Ebenen an Bord holen. Während die Implementierung zwangsläufig Länderkompetenzen und Lokalinteressen berührt, betreffen Netzausbau, Versorgungssicherheit und Erzeugungsfluktuationen notwendigerweise auch unsere europäischen Nachbarn.

Das Thema Energie spielt eine zentrale Rolle.

Egal ob man die Wahlprogramme der großen Parteien zur Bundestagswahl 2013 als echten Wettbewerb der Ideen beurteilt wie der Focus und Die Welt oder als „Einheitsbrei“ (FAZ) kritisiert, ihnen allen ist daher eines gemein: Das Thema Energie spielt eine zentrale Rolle.

CDU/CSU betonen in ihrem Wahlprogramm die Notwendigkeit der Kontinuität in der Energiewende, wollen aber gleichzeitig die Kosten für den Fiskus und die Steuerzahler durch einige Weichenstellungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz eindämmen. Zudem streben sie eine stärkere Zentralisierung der Energieversorgung an und wollen den gesetzlichen Rahmen für den Netzausbau vereinfachen.

Die SPD kündigt in ihrem Wahlprogramm vor allem an, auf eine verstärkte Koordination der 17 deutschen Energiepolitiken zu setzen, u.a. durch die Einrichtung eines Energieministeriums, die Berufung eines deutschen Energie-Rats sowie die Gründung einer Netz-AG. Im Bereich der Erneuerbaren Energien fordert die SPD eine grundlegende Reform des EEG sowie eine stärkere Förderung der Windenergie. Auch sollen die deutschen Klimaziele verschärft werden.

Die FDP will durch eine Übertragung aller energiepolitischen Kompetenzen an das BMWi eine stärkere interne Koordination der Energiepolitik erreichen. Darüber hinaus planen die Liberalen eine Ausweitung des Prinzips „Anreiz statt Zwang“ bei den Erneuerbaren. Wesentlicher Bestandteil hiervon soll eine Abschaffung der Marktprämie sein. Zudem fordert die FDP die Einführung einer Strompreisbremse ab Januar 2014 und eine Senkung der Stromsteuer.

Eine Hauptforderung von Bündnis 90/Die Grünen ist, die Energiewende bürgernaher und dezentraler zu gestalten, beispielsweise durch die Einbindung von Kleinanlegern. Darüber hinaus legen die Grünen großes Gewicht auf eine stärkere Energieeffizienzpolitik, was u.a. die Einrichtung eines Energiesparfonds mit einem Investitionsvolumen von € 3,5 Milliarden umfasst. Zudem fordern die Grünen einen gesetzlich verankerten Kohleausstieg bis 2030.

Ein energiepolitischer Zick-Zack-Kurs ist wahrscheinlich.

Der Überblick über die Wahlprogramme der großen Parteien zeigt: auch in der nächsten Legislaturperiode ist ein energiepolitischer Zick-Zack-Kurs wahrscheinlich. Allein an der Begünstigung energieintensiver Industrien möchte keine der Parteien rütteln, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nicht zu gefährden.

Die meisten Änderungen in der Energiepolitik wären von einer rot-grünen Regierung zu erwarten. SPD und Grüne wollen die Windenergie stärker fördern, die Bürgerbeteiligung an Ausbauverfahren erhöhen und die Klimaziele verschärfen. Zudem wollen beide Parteien die bestehenden Gesetze zum Atomausstieg reformieren, so dass AKW-Betreiber mit neuen Kosten rechnen müssten. Auch im Bereich der Energieeffizienz wären unter Rot-Grün neue Initiativen zu erwarten. Problematisch wäre allerdings  die Suche nach einem Kompromiss zwischen der Forderung der Grünen nach mehr Dezentralisierung und der Forderung der SPD nach einer stärkeren Zentralisierung von Entscheidungskompetenzen.

Auch eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD dürfte einige Reformen in der Energiepolitik nach sich ziehen. Eine Große Koalition würde sicherlich am derzeitigen Trend – weg von der Solarenergie, hin zur Windkraft – festhalten. Auch einer Verschärfung der Klima- bzw. Energieeffizienzziele wären CDU/CSU vermutlich nicht abgeneigt, da das Thema das Ansehen beim Bürger steigert und Deutschland bei der Erreichung der bisherigen Ziele ohnehin schon recht weit vorangeschritten ist.

Bei einer Fortführung der Koalition von Schwarz-Gelb hingegen stünden Weichenstellungen in der Energiepolitik vor der Hürde, die eingefahrene Position zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium zu überwinden – und die Kompetenz in einem Haus zu bündeln. Diesen Unstimmigkeiten fielen bereits Initiativen wie die Strompreisbremse zur direkten Eindämmung steigender Strompreise zum Opfer. Dennoch wird auch eine schwarz-gelbe Koalition Wege finden müssen, um den Anstieg des Strompreises zu entschleunigen, wie z. B. die von der FDP vorgeschlagene schnellere Absenkung der Förderung von Neuanlagen, oder die Kürzung von Subventionen, beispielsweise im Bereich der Photovoltaik.

Die Energiepolitik bleibt sicherlich „Chefsache“.

In jedem Fall wird die deutsche Energiepolitik auf Jahre hinaus eine Baustelle bleiben. Der derzeitige experimentelle Zustand, der die Energiepolitik prägt, dürfte auch unter eine CDU/CSU-geführten Regierung fortgesetzt werden. Nicht zuletzt aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat bleibt die Energiepolitik zudem sicherlich „Chefsache“. Dies wird auch nötig sein, um die Kompetenz-Diskussion zwischen Umwelt- und Wirtschaftsministerium zu überbrücken, zumindest bis eine Lösung für die Neuordnung der energiepolitischen Kompetenzen gefunden ist.

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Niels Thürigen

Niels Thürigen

Niels Thürigen ist Researcher bei g+ germany, wo er im Bereich Public Diplomacy arbeitet und sich mit den Themenfeldern Arbeit, Energie und Mobilität beschäftigt. Er hat einen Master in European Political Economy von der London School of Economics und einen Bachelor in European Studies von der Maastricht University.
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