Wie leicht sind wir ins unseren Entscheidungen zu manipulieren? Das Bild eines unbekannten Politikers vor sich zu haben, scheint zunächst kein Grund zur Aufregung. Schließlich kann man sich nicht alle Müller und Schmidts merken, die auch noch Markus oder Christian mit Vornamen heißen. Dazu ein Allerweltsgesicht und fertig ist der Mann, der jeder sein könnte. Auch ein Politiker. In Kuwait löste ein Unbekannter, der sich als Abgeordneter bezeichnete jetzt allerdings Verwirrung aus.
Kein Erfolg für neuen Tee
Die Firma „Al Munayes“ in Kuwait verkauft losen Tee und ist damit gewöhnlich recht erfolgreich. Doch mit einem Produkt konnte Al Munayes nicht an bisherige Erfolge Anknüpfen. Grund dafür soll unter anderem ein alternatives Lable gewesen sein, das man nicht mit der Firma und anderen Teesorten verband.
Relaunch von ganz oben
Die Marke brauchte dringend einen Relaunch, um die Verbindung zwischen der Firma und der neuen Teesorte zu unterstreichen. Dafür holte man die Agentur Beattie + Dane, Kuwait, ins Boot.
Währenddessen fand in Kuwait gerade eine Wahl statt, die in aller Munde war. Um also mehr Aufmerksamkeit auf das Produkt zu lenken, überlegte die Firma, wie man diese mit der neuen Teesorte verknüpfen könnte. Die Lösung hieß Bu Salem. Bu Salem, ein fiktiver Charakter, den sich die Kompanie ausgedacht hatte, und der nun, als aufstrebender Politiker für den „wirklich sehr guten Tee“ Werbung machte.
Wer ist Bu Salem?
Die Firma entwarf Plakate mit einem gephotoshopten Gesicht von Bu Salem und ließ sie auf öffentlichen Aushängen tapezieren. Via Whatsapp und das Einhacken in Gruppenchats verbreiteten sie das Bild von Bu Salem digital in ganz Kuwait – jedoch ohne einen Hinweis auf Al Munayes. So wurde die Frage „Wer ist Bu Salem?“ innerhalb von 6 Stunden zu einem Trending Topic auf Twitter.
Al Munayes Tea puts forward ‘candidate’ for Kuwait elections https://t.co/uLUeO08syc pic.twitter.com/xV3aP7YzW1
— Eastline Marketing (@eastline) 6. Dezember 2016
Triumphzug über Social Media
Erst am nächsten Tag begann man mit der Aufklärung. Die Marke veröffentlichte ein Video, in dem man Bu Salem sitzen sieht, wie er eine Tasse trinkt. Neben ihm werden relevante Daten eingeblendet. Zum Beispiel, dass er einen Bachelor of Arts von der Universität des fermentierten Tees hat.
بو سالم مرشح الدائري السادس#عاش_بوسالم#مرشح_الدائري_السادس#شاي_المنيس#الكويت#انتخابات #امه_٢٠١٦#شاي#بو_سالم pic.twitter.com/XLJVDY1d6R
— almunayestea (@almunayestea) 14. November 2016
Das Video wurde so oft geteilt, dass es irgendwann auf allen relevanten Social Media Plattformen Kuwaits erschien. Schließlich bekam Bu Salem sogar seinen eigenen Twitter Account. Auf Anfragen zu politischen Themen antwortete er dort mit Giphys und Videos.
Populismus als Tee?
In Supermärkten wurde mehrere Regale für Al Munayes Tee freigeräumt, als klar wurde, dass der Kandidat für die Wahl ein Werbeprodukt für Tee ist.
Eine Offensive, die wunderbar aufging. Die Strategie ist so einfach wie genial: Einfach auf das Trittbrett eines relevanten Themas aufspringen, um durch Verwirrung Aufmerksamkeit zu generieren. Gleichzeitig zeigt diese Methode auf eine verstörende Art, wie simpel es ist, Aufmerksamkeit zu generieren und für sich zu nutzen. Unabhängig davon, dass es sich bei Tee um ein ungefährliches Produkt handelt, das zuvor keinen Erfolg hatte und nur durch eine geniale Werbestrategie besser verkauft wurde, muss einem auch bewusst sein, dass politische Werbung genau so funktioniert. Es ist die positivste Form des Manipulation durch Populäres.
Helena Serbent
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