In der Heinrich-Böll-Stiftung haben sich zum ersten Tag der Konferenz zu den Wahlkampfstrategien 2013  Experten und Vertreter der Parteien versammelt. Solche Konferenzen haben ja eigentlich vor allem im Nachgang der Wahl Konjunktur. Man fragte sich, was für Strategien die Teilnehmer präsentieren werden, denn der Wahlkampf kommt ja gerade erst in Fahrt. 

Prof. Dr. Ulrich Sarcinelli erklärte den Teilnehmen erst mal, was es mit dem Titel der Konferenz: „Das Hochamt der Demokratie“ auf sich hat. Für Nicht-Katholiken: das Hochamt ist die feierliche Form der heiligen Messe an Sonn- und Feiertagen. Er stellte treffend fest, dass beim Hochamt wie auch bei den Wahlen die Beteiligung nach unten geht. Doch was ist nun das Hochamt der Demokratie, die Wahl oder der Wahlkampf? Dr. Ralf Tils von der Agentur für politische Strategie (APOS) fand eine andere Antwort:

„Klare inhaltliche Alternativen sind das Hochamt der Demokratie.“

Die Vorstellung der Strategien übernahmen die Wahlkampfstrategen Hans-Roland Fäßler (SPD), Dennis Schmidt-Bordemann (FDP), Robert Heinrich (Grüne), Peter Radunski (CDU), Matthias Höhn (Linke) und Salomon Reyes (Piraten). Ausgerechnet der nicht im Team der CDU direkt involvierte Peter Radunski, der ehemalige Bundesgeschäftsführer der CDU, der nur vertretungsweise an der Diskussion teilnahm, verblüffte vielleicht auch gerade wegen seiner relativen Unabhängigkeit vom Wahlkampfgeschehen mit einer pointierten Analyse:

„Die CDU hat bis jetzt noch keine Strategie und sie muss sich entscheiden, ob sie Angela Merkel und ein Programm zur Strategie machen will oder nur Angela Merkel.“

Desweiteren sei die Ansprache der Wähler wichtig, denn niemand kann Menschen so gut überzeugen wie Menschen. Dem Lagerwahlkampf erteilte er aus Wählerperspektive eine Absage und schwor die Akteure auf das Wichtigste  ein:  

„Mobilisierung, Mobilisierung, Mobilisierung!“

Die restlichen Diskussionsteilnehmer argumentierten ihrer Position entsprechend. Der Wahlkampfstratege der SPD, Hans-Roland Fäßler, sagte zum Online-Engagement seines Kanzlerkandidaten:

„Steinbrück hat eine gute Idee, Notizen schreiben und einscannen lassen, statt auf der digitalen Welle zu reiten.“

Dies sei authentischer, als wenn er selbst twittern würde. Auch er hob den Kontakt mit den Menschen für das Wichtigste im Wahlkampf und verwies auf das SPD-Konzept des Haustür-Wahlkampfes. Der Pirat Salomon Reyes präsentierte die Vorhaben seiner Partei im lustigen Stil. Die Piraten wollen sich erst mal auf die Suche nach „Germanys next Zensursula“ machen  und sich dann an dieser Person und dem Thema abarbeiten.

Das Internet wird 2013 auf methodischer Ebene wahlentscheidend

Die entscheidende Frage zur Einbindung des Internets in die Wahlkampfstrategien kam aus dem Publikum. Der Grüne Stratege, Robert Heinrich, erklärte, dass das Internet erstmals 2013 auf der methodischen Ebene wahlentscheidend sein könnte. Die Grünen hätten die meiste Kraft in die Mobilisierung, die vornehmlich über das Internet und ihre Basisbeteiligung stattfindet, gesteckt. Dennis Schmidt-Bordemann (FDP) prophezeite kein Onlinewahlkampf wie in den USA. Mit sponsored Ads könnte man die Reichweite erhöhen. Aber für ihn gilt: 

„Nicht wer den perfekten Onlinewahlkampf macht, wird die Wahl gewinnen, aber ohne Netz verliert man die Wahl.“

Ähnlich sah das der Bundesgeschäftsführer der Linken, Matthias Höhn. Er sieht das Internet vornehmlich zur Information, Einbeziehung und Aktivierung. „Es ist weder Fluch noch Segen sondern eine Gelegenheit.“ Salomon Reyes (Piraten) konterte auf diese einvernehmliche Darstellung des Onlinewahlkampfes:

„Die Unterscheidung zwischen On- und Offline ist absolut sinnlos!“

Alle Parteistrategen waren sich in der Sache einig, dass das Internet mit seinen Möglichkeiten somit ein Mittel zur Organisation und Mobilisierung darstellt. Man ist von der Diskussion von 2009 abgekommen, wo man sich hauptsächlich mit dem Internet als das Wahlkampfinstrument auseinander setzte. Sie sehen die Chance vor allem in dem persönlichen Gespräch mit dem Wähler und wollen am liebsten einen Haustürwahlkampf á la Obama. Ob sich der Wähler darauf einlässt und wie die Parteien es bewerkstelligen, bleibt abzuwarten. 

Hier gehts zur Dokumentation der Konferenz

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Sebastian Schmidtsdorf

Sebastian Schmidtsdorf

Head of PR bei Civey
Bei wahl.de seit 2013. Mitherausgeber wahl.de-Buch #BTW13 Themen, Tools und Wahlkampf. Leiter Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit bei Civey. Leidenschaftliche "fragerei by dorfgeschrei".
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