Vom 22. bis 25. Mai 2014 wählen die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union zum achten Mal das Europäische Parlament. In der Bundesrepublik Deutschland findet die Wahl am Sonntag, dem 25. Mai 2014, statt. Der offizielle Startschuss für den Wahlkampf ist gefallen und die Wahlkampagnen sind gestartet. Anlass für fischerAppelt, einen Blick auf die Erfolgsaussichten der Parteien und ihrer Kandidaten zu werfen.
Kann die Union ihre starke Position behaupten? Welche Umbrüche zeichnen sich insbesondere bei den kleinen Parteien ab? Und wie wirkt sich das wochenlange bundespolitische Umfragetief auf die Ausgangslage der SPD aus?
Parteienlandschaft wird vielfältiger
Mit der Wahl am 25. Mai wird eine weitere Ausdifferenzierung der Parteienlandschaft einhergehen: Parteien wie die Freien Wähler, die Piraten oder die neu gegründete Alternative für Deutschland (AfD) haben mit der Aufhebung der Drei-Prozent-Hürde durch das Bundesverfassungsgericht im Februar diesen Jahres eine realistische Chance in das Europäische Parlament einzuziehen. Die Wahlergebnisse von Parteien wie AfD, Freien Wählern oder den Piraten werden sich daher 2014 stärker auf die Mandatsverteilung auswirken können als zuvor. Es wird spannend sein, zu verfolgen, inwieweit die Parteien die kommende Legislaturperiode nutzen können, sich auch mittel- und langfristig als „politische Alternativen“ in Europa zu etablieren.
Unterschiedliche Variablen bestimmen das Ergebnis
Nicht nur der Wegfall der Drei-Prozent-Hürde, sondern auch die Reduzierung der Gesamtanzahl der im Europäischen Parlament für deutsche Abgeordnete zur Verfügung stehenden Mandate auf 96 von vormals 99 Plätze, wird den Gestaltungsspielraum der etablierten Parteien einschränken.Jedoch ist ungewiss, ob und wie viele Wähler tatsächlich für die kleineren Parteien stimmen werden. Insbesondere bei der AfD könnten die innerparteilichen Zerwürfnisse Befürworter abschrecken. Zudem spielt der Zuspruch der Union in den einzelnen Bundesländern eine Rolle. CDU und CSU treten mit separaten Landeswahllisten an. Die vorliegende Datenlage lässt noch keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Situation in den einzelnen Bundesländern – und damit auf das Gesamtergebnis – zu. Auch wird entscheidend sein, welche Partei ihre Wähler am besten mobilisieren kann.
Die nachfolgenden Darstellungen zu den einzelnen Parteien und ihren Akteuren können daher nur erste Orientierungspunkte wiedergeben, die sich im Laufe der Dynamik des Wahlkampfes quasi täglich ändern können.
CDU/CSU: Gute Ausgangsposition und Erfolgsaussichten
Umfragen zufolge wird die Union ihre hervorgehobene Stellung behaupten können. Sie verfügt sogar über das Potenzial ihr Ergebnis von 2009 noch weiter auszubauen. CDU und CSU könnten auch 2014 wieder als stärkste politische Kraft aus den Europawahlen in Deutschland hervorgehen. Die Schwesterparteien stellten ab 2009 insgesamt 42 Abgeordnete. Betrachtet man die heutigen Landeslisten im Detail, so findet man eine ganze Reihe neuer Aspiranten mit guten Erfolgsaussichten. Darunter: David McAlister und Jens Gieseke aus dem Landesverband Niedersachsen, Norbert Lins (Baden-Württemberg), Dr. Roland Heintze (Hamburg), Dennis Radtke (NRW), Sven Schulze (Sachsen-Anhalt) sowie Helma Kuhn-Theis (Mecklenburg-Vorpommern).
SPD: Viele neue Gesichter und Aufwärtstrend in den Prognosen
Folgt man den Umfragen, wird auch die SPD einen Stimmenzuwachs verzeichnen. Das Wahlergebnis 2009 betrug 20,80 Prozent. Derzeit liegen die Sozialdemokraten bei 27 Prozent. Es ist daher mit einer ähnlich hohen Anzahl an Sitzen für die SPD zu rechnen. Betrachtet man sich die ersten 24 Listenplätze, also die Anzahl derer, die 2009 ins Parlament einzogen, so finden sich dort 2014 acht neue Kandidaten. Von den Debutanten haben Sylvia-Yvonne Kaufmann (Berlin), Prof. Dr. Dietmar Köster (NRW), Martina Werner (Hessen) und Maria Noichl (Bayern) die größten Chancen MdEP zu werden.
FDP: Deutliche Stimmverluste absehbar
Die geringe Zustimmung im Bund macht sich auch bei den Umfragen zur Europawahl bemerkbar: Hier erreicht die FDP zur Zeit etwa vier Prozent. Verglichen mit dem Ergebnis der Europawahl 2009 sowie den Prognosen der anderen Parteien büßt die FDP am stärkten an Zuspruch und somit auch an Mandaten ein. Von derzeit zwölf Sitzen blieben nur noch drei bis vier übrig. Bei den aussichtreichsten ersten vier Listenplätzen setzen die Liberalen auf bekannte und bewährte Personalien – allen voran Alexander Graf Lambsdorff und Michael Theurer.
Bündnis 90/Die Grünen: Prognosen weisen auf geringen Abwärtstrend hin
Wie auch die SPD warten Bündnis 90/Die Grünen mit einer Reihe von neuen Anwärtern auf. 2009 zogen 14 Kandidaten ein. 2014 finden sich unter diesen 14 fünf neue Kandidaten. Immerhin eine Quote von über 30 Proznet neuer Gesichtern. Am aussichtsreichsten von ihnen positionierte sich Terry Reintke aus NRW (Listenplatz 9). Gemessen an den aktuellen Umfragen dürften die Grünen ab 2014 jedoch mit etwas weniger Kandidaten in Brüssel vertreten sein als in der nun auslaufenden Legislaturperiode.
Die Linke: Es bleibt (fast) alles beim Alten
2009 erhielten die ersten acht Kandidaten der Wahlliste ein Mandat für das Europäische Parlament. Die Linke könnte dieses Jahr ein ähnliches Ergebnis erzielen. Denn ihre Zustimmungswerte sind in etwa konstant geblieben. Derzeit sind es acht Prozent. Von den ersten acht Listenkandidaten treten zwei zum ersten Mal zur Europawahl an. Gute Aussichten hat Fabio de Masi vom Landesverband NRW auf Listenplatz Nummer Sechs .
Fazit: Dynamik ja, aber weniger bei den Großparteien
Ersten Anzeichen nach wird das neue Europawahlrecht in Deutschland vor allem zu mehr Dynamik bei den kleineren Parteien führen. Union und SPD werden weiterhin als Eckpfeiler in der Parteienlandschaft bestehen bleiben. Doch alleine der Sprung in das Europaparlament stellt noch keine europapolitische Etablierung neuer Akteure dar! Diese müssen sich erst in der parlamentarischen Praxis und den Folgewahlen bewähren. Jedoch nimmt die parteipolitische Heterogenität zumindest temporär zu. Vor allem die FDP muss sich auf diese Veränderungen einstellen – anders als Bündnis90/DieGrünen und Linke vermag sie es derzeit (noch) nicht, eine Kernwählerschaft von deutlich oberhalb der fünf Prozent zu mobilisieren. Aber noch stehen die Wahlkämpfe am Anfang und mit ihnen die Umfragen. Das Rennen ist noch nicht entschieden.
Mark Stanitzki
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