Wie sollten Parteien der AfD im parlamentarischen Alltag begegnen? Mit dieser Frage hat sich Fedor Ruhose vom Thinktank Das Progressive Zentrum ausführlich auseinandergesetzt. Herausgekommen ist eine Broschüre, die einige Beobachtungen der Arbeitsweise, die die Partei auf Landesebene pflegt, gegliedert zusammenfasst und überdies hinaus 15 Tips erarbeitet, die einen geeigneten Umgang mit der Alternative für Deutschland im Bundestag empfehlen.

1. Führt die Auseinandersetzung scharf – aber ohne Tricks!

Ruhose warnt davor, die AfD mit Tricks in der parlamentarischen Geschäftsordnung zu diskriminieren. Das sei der demokratischen Debatte unwürdig und gäbe der Partei nur die Gelegenheit, sich als Opfer zu stilisieren.

2. Setzt starke Akzente gegen den AfD-Debattenton!

Außerdem prophezeit der Autor, dass mit der AfD ein rauerer Debattenton in den Bundestag Einzug halten wird. Deshalb sollten Parlamentarier inhaltlich und kommunikativ auf Angriffe vorbereitet sein. Außerdem empfehle es sich, eigene Akzente in den Debatten zu setzen.

3. Verwehrt nicht die Wahl von AfD-Kandidaten!

Der Punkt deckt sich zum Teil mit den Inhalten aus dem ersten Tip und fordert, dass die AfD hinsichtlich der parlamentarischen Gepflogenheiten gleichbehandelt wird. Die Wahl von Kandidaten in Gremienposten, die der Partei formell zustehen, sollte durch die Fraktionen nicht verhindert werden.

4. Richtet Eure eigene Pressearbeit nicht an der AfD aus!

Hier wird etwas thematisiert, das auch in der Nachrichtenlandschaft in der Diskussion steht. Wie sinnvoll ist es, jeden kommunikativen Vorstoß oder Fehltritt der AfD zu kommentieren oder sich darüber zu empören? Anstatt direkt mediale Reaktionen loszufeuern sei es effektiver, die Partei inhaltlich zu stellen und in der Pressearbeit unaufgeregt zu entlarven.

5. Lasst Provokationen im Parlament ins Leere laufen!

Auf Provokationen der Abgeordneten sollte wohl überlegt reagiert werden. Oft empfehle es sich, gar nicht erst darauf einzugehen, da die angestrebten Auseinandersetzungen oft nur zum Ziel haben, medienwirksam auf den entsprechenden Social-Media-Kanälen verpackt zu werden.

6. Zieht rote Linien!

In diesem Abschnitt heißt es explizit: Die Zugehörigkeit der AfD-Mitglieder des Deutschen Bundestags zu rechtsextremen Seilschaften sollten offengelegt werden. Ferner rät der Autor dazu, Ausschussvorsitzende aus sensiblen Politikbereichen nicht mit Abgeordneten zu besetzen, denen solche Seilschaften nachgewiesen worden sind.

7. Betreibt kein Agenda-Cutting!

Nicht alle AfD-Wähler sind Rassisten, nur weil sie Sorgen über Zuwanderung geäußert haben. Deshalb sei es für die progressiven Parteien notwendig, die von der AfD thematisierten Probleme nicht zu tabuisieren, sondern selbst aktiv Lösungsansätze zu präsentieren.

8. Stellt die AfD in Alltagsfragen!

Punkt acht argumentiert ähnlich wie Punkt sieben: Man müsse der AfD mit Inhalten beikommen, gute eigene Antworten geben und vor allem nicht deren Wählerinnen und Wähler anfeinden. Überzeugen statt bekämpfen heißt die Devise.

9. Entzaubert das Demokratieverständnis der AfD!

Hier geht es darum, die Widersprüche in der AfD-Programmatik aufzudecken. Das bedeutet, deren proklamierten Bürgernähe den Fakt gegenüberzustellen, dass die Partei bisher basisdemokratische Elemente stets nur simuliert hat oder deren Ergebnisse nicht berücksichtigt. Das sei zielführender, als die Partei immer nur als „Nazipartei“ zu bezeichnen.

10. Bietet progressive Alternativen an!

Progressive Parteien müssen die politischen Auseinandersetzungen auf eigene Themen und Visionen verschrieben. Das bedeutet, den Debattenraum nicht durch das Agenda-Setting der AfD diktieren zu lassen. Progressive Politik muss wieder laut und deutlich werden, heißt es dazu im Text.

11. Bietet echte Differenz statt künstlich erzeugter Debatte!

Mehr gelebte Meinungsverschiedenheit, mehr Vielfalt in den Positionen. Die Debatten zwischen den Fraktionen müssten wieder echte Alternativen aufzeigen, schreibt Ruhose. Das Ziel müsse es sein, politisch verunsicherten Wählern wieder eine Heimat zu bieten.

12. Stellt Eure Präsenz vor Ort wieder her!

Hier empfiehlt der Autor, über andere Formen der Wahlkreisarbeit zu sinnieren und neue Initiativen auszuprobieren. Die Abgeordneten müssten wieder in ihren Regionen vertreten sein und ihre Wahlkreisbüros als physisches Zeichen gegen die Repräsentationslücke begreifen.

13. Seid selbstbewusst im Netz!

Mehr Anstrengung in Social Media! Auch online müssten sich die Parteien verstärkt mit Rechtspopulismus auseinandersetzen. So soll auch der im Internet besonders aktiven AfD auf ihrem eigenen Terrain beizukommen sein. Es wird angemahnt, nach den Anstrengungen im Wahlkampf nicht wieder Online-Angebote abzubauen.

14. Beobachtet rechte Netzwerke genau!

Es kommt nicht nur auf die Abgeordneten an. Die Broschüre legt nahe, das gesamte rechte Umfeld genau zu beobachten.

15. Treibt die europäische Vernetzung voran!

Die Antwort auf den internationalen Populismus ist, sich selbst international zu vernetzen. Andere europäische Länder haben schon eine größere Erfahrungsspanne, was populistische Parteien im Parlament angeht. Diesbezüglich sollten Erfahrungen ausgetauscht werden und Kooperationen entwickelt. Auch die Erfahrungen aus der Landespolitik sollten einen Anstoß geben, wie auf Bundesebene mit Rechtspopulismus umgegangen wird.

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Louis Koch

Louis Koch

Redakteur bei appstretto
Louis studiert Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin. Er hat Spaß am Texten und Konzipieren, vor allem, wenn es um Politik geht. Bei appstretto ist er als Redakteur unter anderem für die Inhalte von wahl.de zuständig.
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