Facebook, twitter, YouTube … Plattformen, denen viel Aufmerksamkeit im langsam anlaufenden Online-Wahlkampf entgegenschlägt. Gleichzeitig laufen die beiden deutschen Communities StudiVZ und Wer Kennt Wen unter dem Radar der meisten.

Aber zumindest bei Wer Kennt Wen tut sich was, insofern, dass hier einzelne Kandidaten Erfolge feiern und ein bißchen Obama-Effekte erzielen, wenn auch vorerst nur auf kommunaler Ebene.

Was sich bei StudiVZ tut weiß keiner so genau

StudiVZ kämpft dagegen an vielen Fronten, ohne irgendetwas zu erreichen. Der Genosse Trend ist gegen die Holtzbrinck-Tochter, ebenso spielt die Zeit in die Hände der Wettbewerber. Versteckt hinter Datenschutz-Themen, Mobbing-Problemen und zunehmender Irrelevanz wurde in den letzten Monaten der Versuch einer Aufholjagd gestartet: Gadgets sollen die deutsche Antwort auf Apps sein, Edelprofile sollen den Erfolg der Pages imitieren. Beides mag nicht so recht funktionieren – weder technisch noch konzeptionell.

Irgendwas zum Wahlkampf

Das Team von wahl.de versucht seit Dezember 2008, mit den Betreibern von StudiVZ und MeinVZ zusammenzukommen, um auch die Aktivitäten von Parteien, Kandidaten und Abgeordneten auf den Plattformen zu messen. Mit dem Hinweis, dass man "irgendwas zum Wahlkampf" machen werde vertagen sich die wechselnden Ansprechpartner (insgesamt waren für das Thema 7 verschiedene Personen zuständig). Aus Parteiseite hört man vieles, aber vor allem über Probleme:

  • ständig variierende Funktionen
  • häufig wechselnde Konzepte
  • plötzliches Verschwinden von Passwörtern
  • Datenbankprobleme
  • regelmäßige Verzögerungen des Launch-Termins

Nun hat man sich auf eine große Ankündigung am kommenden Montag (27. April) verständigt, aber die Seiten sind wie zufällig schon vorher im Netz abrufbar. "Nach unseren Informationen ist soll das erst am Montag verfügbar sein" hat mir ein Beteiligter erzählt. "Die Agentur" kämpfe immer noch damit, "überhaupt etwas in die Seite einbinden zu können." In der vorletzten Woche hatte ich noch einen Termin bei StudiVZ (nach mehreren Absagen in den Wochen zuvor), um über eine Zählung der Seiten zu sprechen. Der vor zwei Wochen noch Zuständige ist inzwischen auch wieder weg, der Neue zeigt sich widerwillig, sich mit Thema zu befassen. Für wahl.de geht es um Datenschutz (Opt-In für die Zählung), aber vorgeschlagene technische Lösungen scheitern offensichtlich daran, dass StudiVZ die großen Ankündigungen im Allgemeinen nicht umzusetzen vermag.

Edelprofile – ein Werkzeug für das Jahr 2005?

Wie sinnvoll der Einsatz eines "Edelprofil" für eine Partei ist bleibt fraglich. Der Aufwand ist im Vergleich zu allen Angeboten um ein Vielfaches höher – selbst wenn alles klappen würde. Letztlich besteht ein solches Profil aus nicht viel mehr als dem StudiVZ-Rahmen (respektive dem orange-farbenen Pendant von MeinVZ) und der Möglichkeit, eigenes HTML in einem iFrame einzubinden.

Kein Wunder, dass Facebook so beliebt bei Parteien wie Kandidaten ist. Die Kollegen bei StudiVZ haben nicht vielmehr zu bieten als z.B. der "Homepage-Baukasten" der SPD aus dem Jahr 2005: Der Rahmen ist eng und starr, der Großteil der Arbeit wird einfach auf den "Kunden" und dessen Agentur abgewälzt.

Ein Massenangebot wird man damit wohl kaum erreichen – einzig StudiVZ kann auf ein wenig mehr Beachtung hoffen.

twittern statt gruscheln

Aktuell kann man sich schonmal bei CDU, SPD, FDP, Grüne und Die Linke. reingucken, allerdings blickt man fast überall ins Leere. FDP und Linke sind präsent, bei den anderen lässt einzig der Hinweis "Offizielles Profil – von meinVZ geprüft" mehr erahnen. Schade, dass die deutsche Community-Landschaft so viel weniger zum diesjährigen Superwahljahr beitragen kann als die großen Vorbilder aus den USA. Das Problem ist weitaus weniger der viel-gescholtene (und gerühmte) Datenschutz, sondern einfach mangelnde Kreativität und dazu noch eine große Portion organisatorisches Chaos. Auch Facebook hat Probleme mit dem Wahlkampf, aber nicht mit Kernangeboten wie den Pages, sondern nur mit ungünstig platzierten Anzeigen von Parteien neben Nazi-Content. Das (muss man einfach sagen) hatten andere auch, und mit wenig Aufwand gelöst.

Danke für den Hinweis von Michel zum Thema.

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Klas Roggenkamp

Klas Roggenkamp

… macht wahl.de seit 2005, seit 2016 für appstretto. Verbindet Digital & Politik zu erfahrbaren Angeboten – technisch, inhaltlich, optisch. Wahlkampferprobt und agenturerfahren.
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