Nach dem Bundesparteitag der AfD vor zwei Wochen wollte man der Bundesvorsitzenden Frauke Petry gerne Folgendes zurufen: „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“. War sie doch vom rechten Flügel der Partei vor aller Augen in die Schranken gewiesen worden. Genauso, wie sie selbst es vor gerade einmal zwei Jahre mit Parteigründer Bernd Lucke getan hatte. Er verließ kurz darauf die Partei. Petry hat angekündigt, „bis Herbst“ die Entwicklung der AfD beobachten zu wollen, bevor sie über nächste Schritte nachdenke.

So richtig überraschend war diese Entwicklung dennoch nicht. Schon seit Monaten herrschte ein erbitterter Führungskampf in der AfD. Dieses Mal ging der rechte Flügel um Alexander Gauland, Björn Höcke und André Poggenburg als Sieger hervor. Denn sie haben nicht nur den Zukunftsantrag der Parteivorsitzenden erfolgreich unter den Tisch fallen lassen, sondern auch eine AfD-Spitzenkandidatin Frauke Petry verhindert. An Petrys Stelle sollen nun Alexander Gauland und Alice Weidel die Partei in den Bundestag führen.

Eine homosexuelle Spitzenkandidatin

Alice wer? In dieser Personalie liegt die eigentliche Sensation des Parteitags, denn Alice Weidel war bis vor kurzem höchsten einer kleinen Öffentlichkeit bekannt und zwar vor einem politikfremden, persönlichen Hintergrund: Weidel ist lesbisch. Sie lebt mit einer Frau zusammen und erzieht mit ihr zwei kleine Söhne. Normalerweise keine große Sache. Aber als Spitzenkandidatin der AfD vertritt sie nun eine Partei, die dezidiert gegen die Homo-Ehe ist und die die „traditionelle Familie“ mit Mann und Frau als Leitbild in ihrem Programm verankert hat. Wie passt das zusammen?

Dieses Phänomen scheint kein Einzelfall zu sein. Was sich hinter dem scheinbaren Widerspruch verbirgt, wird als „Homonationalismus“ bezeichnet. Also der Annahme, dass nicht die Rechtspopulisten der AfD eine Gefahr für Homosexuelle darstellen, sondern die muslimischen Migranten, in deren Ländern Homosexualität häufig unter Strafe steht. Die Sozialpsychologin Beate Küpper brachte es in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vor kurzem auf den Punkt: „Muslime sind für die AfD der äußere Feind. Je mehr man über den herzieht, desto geschlossener werden die inneren Reihen der Partei. Auch als lesbische Frau kann man dann dazugehören.“

„Der Feind meines Feindes ist mein Freund“

Was hat die AfD davon? Mit einer homosexuellen Spitzenkandidatin wird es natürlich sehr viel schwerer, der Partei Homophobie vorzuwerfen. Aussagen wie die von Frauke Petry es gäbe in Deutschland fast keinen Spielfilm mehr, der ohne „das schwule Pärchen“ auskommt, können so relativiert werden. Was hat Frau Weidel davon? Sie findet in der AfD eine Gemeinschaft, die genau wie sie den Islam nicht in Deutschland haben will. Dass sie dabei ebenfalls zu einer von der AfD diskriminierten Minderheit gehört, verdrängt sie offenbar.

Was können wir also von diesem Parteitag mitnehmen? Die populistische AfD versucht nach außen weiterhin das Image der „Volksvertreterpartei“ mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten. Dabei positioniert sie sich klar gegen verschiedene Minderheiten, schließt jedoch nicht alle automatisch aus ihren Reihen aus. Solange diese Minderheiten sich ebenfalls gegen den einen großen „Feind“, den Islam, wenden, können sie sogar zum Führungspersonal der Partei gehören. Ganz nach dem Motto „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“.

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Dominika Fellner

Dominika Fellner

Dominika Fellner verstärkt seit 2016 das Public-Affairs-Team von FleishmanHillard Germany am Standort Berlin. Als Beraterin arbeitet sie hier vor allem mit nationalen wie internationalen Kunden aus dem IKT-Bereich sowie der Retail Branche zusammen.
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