Auf Twitter postet ein rechter Kanal das Foto einer Dragqueen neben einer Muslima mit Niqab in der New Yorker U-Bahn. Daneben die Worte: „Das ist Zukunft, die die Liberalen wollen.“ Das Meme ging viral – allerdings anders, als sich der Urheber es vorgestellt hat.
This is the future that liberals want. pic.twitter.com/QwterpqQbH
— /pol/ News Network (@polNewsNetwork1) 1. März 2017
Seuxuelle Vielfalt neben offenem Islam
„Liberals“ ist für konservative bis rechte US-Amerikaner ungefähr die Beleidigung, die in Deutschland „Gutmensch“ ist. Das Bild wurde ursprünglich von der abgebildeten Dragqueen, Gilda Wabbit, selbst gepostet. Sie wollte, zu Promotionzwecken, die Schönheit in der Vielfalt von New York City zeigen.
Der rechte Twitter-Kanal „polNewsNetwork1“ teilte das Bild auf seinem Account um seine Follower vor den „Schrecken“ liberaler Hoffnungen zu warnen. Sexuelle Vielfalt auf der einen Seite, frei ausgelebter Islam auf der anderen. Für den Verfasser offenbar ein Albtraum
„Zwei Menschen, die sich um ihren eigenen Kram kümmern.“
Doch sein Tweet ging nach hinten los. Zwei grundverschiedene Menschen, die friedlich in der U-Bahn sitzen, leben und leben lassen, das ist tatsächlich die Zukunft von der viele Menschen träumen.
OH MY GOD! 2 PEOPLE MINDING THEIR BUSINESS ON THE BUS! CALL THE POLICE! https://t.co/gtEgUo4o0L
— Luke James (@lukejamesbgn) 2. März 2017
„Oh mein Gott, zwei Menschen, die sich um ihren eigenen Kram kümmern. Ruft die Polizei.“
— Marie Le Conte (@youngvulgarian) 1. März 2017
Ist das die Welt, in der man leben will? „Ich will nicht sagen ‚wortwörtlich ja‘, aber eigentlich… wortwörtlich, ja.“
Zukunft und Gegenwart
Viele gehen sogar noch weiter und behaupten, dass dieses Bild nicht die Zukunft, sondern die reelle Gegenwart seien.
This is the present. The future is this, but without someone taking your damn photo the whole time. https://t.co/mRZQS72lfs
— Huw Lemmey (@huwlemmey) 2. März 2017
„Das ist die Gegenwart. Die Zukunft wird auch so sein, nur dass man dich dann nicht die ganze Zeit fotografieren wird.“
Superhelden und Katzen
Um die Schönheit dieses Bildes zu unterstreichen, entwickelte sich ein weiterer Trend. Menschen teilten Fotos von Hundebabys, Katzen und Superhelden in der U-Bahn mit dem Untertitel „Das ist Zukunft, die die Liberalen wollen“.
This is the future that liberals want. pic.twitter.com/WCJHcP1BuL
— Mat (@MatCro) 2. März 2017
Die friedliche Co-Existenz von zwei verschiedenen Individuen erscheint dem liberalen Amerika kein Grauen.
this is the future that liberals want pic.twitter.com/6671NeUw3y
— Amanda M-W (@Manda_like_wine) 2. März 2017
Trend in die „falsche Richtung“
Dass Internet-Trends sich anders entwickeln, als sich ihre Schöpfer das vorgestellt haben, ist kein neues Phänomen. In Deutschland versuchte der Lebensmittelhersteller “Nestlé“ sein schlechtes Image durch eine Twitter-Offensive loszuwerden. Doch unter dem Haschtag zur Nestlé-Fragestunde wollten die Nutzer hauptsächlich wissen, warum die Firma Wasserquellen in Afrika aufkaufte und privatisierte, Mütter in Entwicklungsländern einredete, dass Milchersatz besser als Muttermilch sei und ein Monopol auf Lebensmittel errichten wolle.
„Warum lasst Ihr Kinder verhungern?“ https://t.co/6CZVqdWyfu sehr gut #fragnestlè die wahren Verbrecher der heutigen Zeit und Mitschuldig
— Der Lobbyist (@depperla) 21. Dezember 2016
In Österreich gab es ein ähnliches Fiasko für die Polizei. Man wollte mit der Kampagne „Polizei ist“ in Austausch mit den Twitter-Usern treten. Dabei erntete man hauptsächlich feindliche Kommentare.
#polizeiist friedlich demonstrierende prügeln und pfeffern, damit Faschos maschieren können
— Connybot (@ConnyDuck) 3. März 2017
Keine schlechte Presse
Sich die Vorwürfe des politischen Gegners zu eigen zu machen, ist ebenfalls eine bekannte Methode. Im US-Wahlkampf nannte Trump seine Gegnerin „Nasty Woman“. Diese Beleidigung wurde von den Demokraten auf Plakate und T-Shirts gedruckt. Der Eigenaufwand ist dabei denkbar gering, schließlich macht der Gegner quasi für einen selbst Werbung. Ganz nach dem Motto „Es gibt keine schlechte Presse“ nutzt man die Aufmerksamkeit, die bereits geschaffen wurde. Im Falle der „Liberalen Zukunft“ ging dies vergleichsweise friedlich über die Bühne.
Helena Serbent
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