„Man gewinnt keine Wahl auf Facebook, aber ohne Facebook verliert man sie!“

Diese Worte sprach der Bundestagsabgeordnete Peter Tauber (CDU) Anfang Juli beim MSL Germany Communications Campus in Frankfurt, wo er vor dem Hintergrund des Bundestagswahlkampfes von seinen Erfahrungen mit der Einbindung sozialer Medien in die politische Arbeit berichtete. Sein Fazit: Er sieht vor allem die Chancen des Social Webs, über das er mehr Menschen aus seinem Wahlkreis erreicht, als allein über klassische Wahlkampf-Methoden. Und die Nutzung digitaler Kanäle und sozialer Netzwerke – und das nicht nur in Wahlkampfzeiten – dient für Politiker natürlich auch zur Markenbildung, sowohl gegenüber Wählern und Medien. Bei Peter Tauber hat das schon ganz gut geklappt: Das Handelsblatt nennt ihn einen “Hinterbänkler mit Vorbildfunktion” beim Thema Social Media. Wir haben uns ihn und 10 weitere Abgeordnete im Folgenden mal mit Blick auf Markenbildung im und durch das Social Web angeguckt:

Dr. Peter Tauber (CDU):

Wenn es Blogs, Facebook und Twitter noch nicht geben würde, Peter Tauber würde sie alle erfinden. Nicht zuletzt sein Social Media Leitfaden für politische Kommunikation hat unter Beweis gestellt, wie Wähleransprache im Zeitalter digitaler Medien neu gedacht und gelebt werden muss. Mit seiner pragmatischen und aufgeschlossenen Art hat er in der letzten Legislaturperiode viele netzpolitische Schlachten geschlagen. Selbst die Bundeskanzlerin lässt sich gern von ihm erklären, warum das Neuland eigentlich kein Neuland mehr ist.

Peter Altmaier (CDU):

„So, wie Sie fragen, haben Sie Twitter nicht begriffen.“ Kaum ein Politiker hat die neuen Medien derart schnell verstanden und für sich zu nutzen gewusst wie Peter Altmaier. Er hat den Erfolg der Piraten in Berlin als Chance begriffen und für seine Politik neue kommunikative Wege erschlossen. Selbst die vermeintliche Bürde des Ministeramtes hält ihn nicht davon ab, kritisch und pointiert auf Twitter zu kommentieren, zu reagieren und seine Positionen darzulegen. Wer die Zukunft begriffen hat, dem blüht eine große Zukunft.

Dorothee Bär (CSU):

Als Vorsitzende des CSU Netzrates ist Dorothee Bär eine der einflussreichsten Netzpolitikerinnen innerhalb der CSU und scheut sich nicht, die eigene Meinung auch gegen interne Widerstände zu artikulieren. Mit spitzen Kommentaren auf Twitter treibt sie immer wieder auch gern den ein oder anderen Oppositionspolitiker vor sich her und gewinnt damit die Sympathien ihrer Follower. Das Projekt “Frankenliebe” ermöglicht zudem Fränkinnen und Franken für eine Woche ihre Sicht auf Franken über den Twitteraccount @frankenliebe darzustellen.

Katrin Albsteiger (CSU):

Mit einer leidenschaftlichen Parteitagsrede gegen den Parteivorsitzenden hatte sich Katrin Albsteiger beim Thema Frauenqoute bundesweit bekannt gemacht. Seit dem denkbar knappen Sieg und Beschluss für eine Frauenquote hat Seehofer es dann auch verstanden, die Vorsitzende der Jungen Union in Bayern unter seine Fittiche zu nehmen. Auf dem ersten reinen Listenplatz ohne Wahlkreiskandidatur wird die “Newcomerin des Jahres” (Politikaward) ohne Probleme in den Bundestag einziehen und dort nicht nur mit ihrem attraktivem Äußeren für mediale Öffentlichkeit sorgen. Online hat sie die Aufmerksamkeit schon längst – unter den Jungpolitikern hat sie mit Abstand die meisten Facebook-Fans.

Lars Klingbeil (SPD):

Die Wahlkampagne „100 Tage – 100 Gesichter – 100 Gründe“ auf Facebook, Foursquare-Check-Ins in der eigenen Wahlkampfzentrale „wählbar“, Wahlkampfsimulationen im PC-Aufbauspiel „SimCity“ gemeinsam mit den Abgeordneten Dorothee Bär und Jimmy Schulz: Lars Klingbeil zieht alle digitalen Register für den Wiedereinzug in den Bundestag. Kaum verwunderlich, denn als netzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion hat er die ein oder andere netzpolitische Scharmützel in dieser Legislatur ausgetragen – auch gegen Widerstände in der eigenen Partei. Sein Einfluss wächst, die vielbeachtete Rede des Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück auf der CeBIT zu Beginn dieses Jahres soll maßgeblich aus seiner Feder stammen.

Sebastian Edathy (SPD):

 

Facebook-Likes für einzelne Posts, die in die Hunderte gehen: Ein seltenes Bild für die vermeintlich staubtrockene Politik. Aufmerksamkeit hat Sebastian Edathy vor allem als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses gesammelt. Doch mit seiner persönlichen Art und dem Jagdhund Felix, den er gern bei sich führt und über den sogar die BILD-Zeitung berichtete, hat der Niedersachse auch darüber hinaus punkten können. Trotz starker Konkurrenz unter den SPD-Innenpolitikern wird Edathys Beliebtheit eher zu einer stärkeren Rolle innerhalb der Partei führen.

Jimmy Schulz (FDP):

Wer es schafft, einen Landesparteitagsantrag gegen den Willen der anwesenden und leidenschaftlich kämpfenden Bundesministerin durchzusetzen, muss wohl die stärkeren Argumente auf seiner Seite haben. Der Internet-Unternehmer und FDP-Politiker hat sich einen Ruf innerhalb der Netzgemeinde erkämpft und genießt den Respekt von Parteifreunden wie -gegnern. Zuletzt hat er sich gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Rösler für die Start-Ups im Lande stark gemacht und dabei einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Manuel Höferlin (FDP):

Höferlin ist ein typischer Quereinsteiger in der FDP und einer derjenigen, die überraschend in der letzten Wahl in den Bundestag eingezogen sind. Der Internetunternehmer, der erst 2005 in die FDP eingetreten ist, wird aber nicht so schnell wieder von der Bildfläche verschwinden. Gemeinsam mit Jimmy Schulz hat er viele netzpolitische Themen in der letzten Legislatur bearbeitet und sich einen Namen gemacht. So sehr, dass er auf der Landesliste der rheinland-pfälzischen FDP für die Bundestagswahl nur noch Rainer Brüderle und der Landesvorsitzenden Volker Wissing vor ihm stehen.

Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Besonders die grünen Netzpolitiker haben unter dem Piratenhype der letzten Jahre gelitten. So sehr, dass sie Ende 2011 eines der fortschrittlichsten netzpolitischen Programme verabschiedet haben. “Die Grünen wollen die Netzpolitik zurück” titelte Zeit Online. Maßgeblich mitverantwortlich dafür war Konstantin von Notz. 2009 frisch in den Bundestag eingezogen, hat er sich sofort des Themas angenommen und als netzpolitischer Sprecher die Bundesregierung immer wieder zu ihrer netzpolitischen Versprechen gestichelt. Über 9.000 Follower auf Twitter honorieren seine Arbeit.

Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wer genau hinschaut, weiß, in welche Richtung sich die Grünen mit der Wahl von Katrin Göring-Eckardt als Spitzenkandidtin neben Jürgen Trittin entwickeln werden. Eigentlich galt sie als Außenseiterin, doch die bürgerlichen Grünen in der Partei sind stark geworden. Mit aller Macht drängen sie auf Regierungsverantwortung – vielleicht sogar mit Schwarz-Grün?

Halina Wawzyniak (DIE LINKE):

Dass Halina Wawzyniak Talent zur Markenbildung hat, bewiesen schon die “Arsch in der Hose”-Wahlplakate zur Bundestagswahl 2009. Doch auch ihre netzpolitische Expertise hat zur eigenen Markenbildung beigetragen. Die Rechtsanwältin hat viel auf Hilfe von außen zu netzpolitischen Themen vertraut und sich ein wichtiges und funktionierendes Netzwerk innerhalb der Netzgemeinde aufgebaut. Dazu passt, dass die Linke die meisten Anfragen an die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode gestellt haben – und nach Angaben von einigen Journalisten auch die besten.

Autoren:

Axel Wallrabenstein und Lutz Mache 

Lutz Mache ist Berater bei der PR-Agentur MSL Germany. Der Verwaltungswissenschaftler und bekennende Sozialdemokrat hat sich insbesondere auf Digital Public Affairs spezialisiert.

Hinweis: Der Text erschien in abgewandelter Form bereits in einem Beitrag für die w&v.

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Axel Wallrabenstein

Axel Wallrabenstein

Axel Wallrabenstein ist Chairman der MSLGroup Germany. Sein Beratungsschwerpunkt liegt auf Public Affairs, Politische Kommunikation und Krisenkommunikation. Er ist für MSL Germany zudem Gastgeber des “Politischen Salons”, einem exklusiven Forum, in dem Politiker mit Vertretern aus Wirtschaft, Medien und Kultur ins Gespräch kommen.
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