Berlin kriegt 17, Mecklenburg-Vorpommern nur 4. Wieviele Meinungsumfragen im Vorfeld von Wahlen veröffentlicht werden, ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Ist das problematisch?
Wenn es nach dem Professor für Politikwissenschaft Thorsten Faas geht, sollte der demoskopischen Begleitung der Wahlen mehr Aufmerksamkeit zukommen. Kurz vor den Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern schreibt er im Tagesspiegel Causa über den Einfluss von Wahlumfragen. In beiden Ländern wird im September gewählt. Die Berliner kriegen allerdings deutlich mehr Informationen darüber, wie es nach September in ihrem Abgeordnetenhaus weitergehen könnte als die Wähler in Mecklenburg-Vorpommern. Faas kritisiert das. Schließlich würde die demoskopische Berichterstattung den Kontext, in dem Menschen ihre Wahlentscheidung treffen, stark beeinflussen.
Das Argument ist nicht neu. Seitdem es Wahlumfragen gibt, wird über ihren Einfluss diskutiert. Klar ist: je mehr man über die politische Stimmungslage vor den Wahlen weiß, desto eher sieht man, ob es sich „lohnt“ zu wählen und wie man taktisch klug sein Kreuz setzen müsste.
Zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, die den Einfluss von Umfragen auf Wahlentscheidungen zeigten, seien die vergangenen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewesen. Laut Faas habe die Vielzahl an Umfragen in beiden Fällen zu einem Sog hin zu der Parteien der Ministerpräsidenten geführt.
Ob sich das gleiche Schema in Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern wiederholen wird, werden wir im September beurteilen können. Mit Blick auf Berlin stellt man jedoch schon mal fest, dass bei aktuellen Wahlumfragen – Stand jetzt – keine Zwei-Parteien-Koalition regieren könnte. Finden klassische Koalitionen keine Mehrheit mehr, wird auch die taktische Stimmabgabe für den Wähler schwieriger. Die Wahlumfragen aus diesem Grund immer bedeutender. Für die Demoskopen heißt das vor allem eins: Ihre Verantwortung wächst weiter.

wahl.de Redaktion

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