Vor einiger Zeit haben wir über die hausgemachte Wohnungsnot in Berlin berichtet. Jetzt will sich ein Außenseiter im Baugewerbe behaupten. Die Rede ist vom Lebensmitteldiscounter Aldi Nord.
Größere Filialen und darüber neue Wohnungen
An mindestens 30 Standorten will der Lebensmitteldiscounter in Berlin sogenannte gemischt genutzte Immobilien bauen lassen. Das Vorhaben ist Teil einer Expansions-Strategie. Die hohe Wachstumsrate der Bundeshauptstadt zwingt den Konzern, seine Supermärkte aufzustocken. Das bedeutet nicht nur mehr, sondern auch größere Märkte. Mit bis zu 1400 m2 Fläche sollen die neuen Filialen aufwarten können. Dafür werden die alten Märkte abgerissen, hinzu kommt ein Neubaublock mit Wohnungen und Tiefgarage.
2019 könnten die ersten Wohnungen fertig sein
Pro Markt sollten 50 bis 70 Wohnungen entstehen, laut Aldi befinden sich 17 solcher Projekte in konkreter Planung. Für Bauprojekte solcher Größenordnungen verlangen die zuständigen Bezirke natürlich eine Gegenleistung. 30 Prozent der Aldi-Wohnungen sollen als Sozialwohnungen auf den Markt kommen, mit einer Miete von 6,50 pro Quadratmeter. Bei den restlichen 70 Prozent soll die Kaltmiete die zehn Euro nicht übersteigen.
Zwei erste Leuchtturmprojekte werden bereits umgesetzt, eins in der Neuköllner Silbersteinstraße und eins in der Sewanstraße in Lichtenberg. 200 Wohnungen sollen hier entstehen. Läuft alles nach Plan, könnten die bereits im nächsten Jahr bezugsfertig sein.
„Ein Mehrwert für ganz Berlin“
Brandneu ist die Idee nicht. So hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bereits 2015 etwa 300 eingeschossige Lebensmittel-, Super- , Drogerie- und Getränkemärkte dafür auserkoren, als gemischt genutzte Immobilien zu funktionieren. Auch in Spandau gibt es schon ein ähnliches Projekt. Ein Vorhaben dieser Größenordnung spielt jedoch allen beteiligten in die Karten.
Einerseits kann Aldi seinen in der Hauptstadt traditionell eher geringeren Marktanteil ausbauen und muss nicht befürchten, dass die Umbauten der Filialen auf Widerstand in der Politik stoßen. Vielmehr wird es deutlich einfacher, die entsprechenden Genehmigungen zu erhalten, wenn im Zuge der Neustrukturierung gleich mehrere Wohnungen entstehen.
Andererseits kommt der Senat seinem ambitionierten Ziel, 1,5 Millionen Wohnungen in den nächsten vier Jahren zu schaffen, ein Stück weit näher. Das Versprechen des Lebensmittelhändlers, einen Teil des zukünftigen Bestands als als Sozialwohnungen zu vermieten, gibt letztendlich auch denjenigen Hoffnung, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind. Jörg Michalak, der Geschäftsführer der ALDI-Immobilienverwaltung, nennt das Projekt einen „Mehrwert für ganz Berlin“.
Louis Koch
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