Geld stinkt nicht, heißt es so schön. Trotzdem findet die Öffentlichkeit immer wieder Gründe, Deutschlands Finanzpolitik zu kritisieren. Zum Beispiel bei Waffenlieferungen in den Nahen Osten. Oder, etwas weniger drastisch, für den Profit, den die griechische Staatskrise der Bundesrepublik einbringt.
Die genauen Zahlen darüber wollte die Grünen-Fraktion im Bundestag erfahren. Und das Finanzministerium antwortet: 1,34 Milliarden Euro netto haben Kredite und Anleihenkäufe zugunsten Griechenlands bisher eingespielt, in Form von Zinsgewinnen. Sven-Christian Kindler von den Grünen findet das falsch:

„Es mag zwar legal sein, dass Deutschland an der Krise in Griechenland verdient. Legitim im moralischen Sinne der Solidarität ist es nicht“

Deshalb fordert die Partei, dass man die Zinsen an Griechenland geben sollte – der Fairness halber. Laut CDU-Mann Jens Spahn, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, wird das allerdings nicht passieren.

(Hat Grund zur Freude: Finanzminister Wolfgang Schäuble. Bild via Wikimedia Commons)

Das Spiel mit dem Negativzins

Dabei sind direkte Zinsen, gewonnen aus Darlehen, nicht der einzige Weg, wie der deutsche Staat von der Krise profitiert. Allein letztes Jahr spülte ein abenteuerlicher Marktmechanismus 1,2 Milliarden Euro in deutsche Kassen. Das Prinzip nennt sich Negativzins und funktioniert so:

Klassischerweise suchen Anleger nach Anlageoptionen mit einer hohen Rendite. Die Rechnung dahinter ist simpel: Je höher der Zinssatz, desto höher der Gewinn. In unruhigen Zeiten aber, wo Anlagendiversifizierung mit größeren Risiken verbunden ist, sehnen sich die Anleger nach Sicherheit. Die bieten vor allem Staatsanleihen. Die Bonität von Staatsanleihen wird allerdings nicht – wie bei Unternehmen – durch Jahresbilanzen gemessen, sondern durch Faktoren wie den Staatshaushalt bzw. die Staatsverschuldung und das dazugehörige Länderrisiko. Letzteres definiert, wie sicher die Investition in die Anleihe eines bestimmten Staates ist.
Nun steht Deutschland finanziell ziemlich gut da, weswegen es im internationalen Ranking auch die Bestnote AAA bekommt. Deutschlands Anleihen gelten also als ziemlich sicher. Dieser Eindruck hat sich noch verstärkt, seitdem die Bundesrepublik in der Eurokrise zum mehrfachen Gläubiger geworden ist und speziell Griechenland hohe Summen stundet. Daraus entwickelt sich ein kurioser Mechanismus:

Deutsche Staatsanleihen sind so begehrt, dass die Zinsen in den Minusbereich rutschen. Geld anlegen bringt plötzlich nichts mehr ein, sondern kostet. Und trotzdem sind die betreffenden Anlagen begehrt wie nie. Mit jedem Cent, den Deutschland in die Rettung der Eurostaaten pumpt, werden die Papiere mehr wert.
Das ist es auch, was vielen Menschen den bitteren Beigeschmack verursacht: Jede Katastrophennnachricht aus Griechenland treibt die deutschen Gewinne in die Höhe. Der Kapitalismus ist viel, fair ist er nicht.

The following two tabs change content below.
Louis Koch

Louis Koch

Redakteur bei appstretto
Louis studiert Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin. Er hat Spaß am Texten und Konzipieren, vor allem, wenn es um Politik geht. Bei appstretto ist er als Redakteur unter anderem für die Inhalte von wahl.de zuständig.
appstretto