Onlinewahlkampf? Es gibt keinen Onlinewahlkampf mehr! 2013 ist das Netz überall. Es durchdringt unseren Alltag. Es steckt in jeder Hosentasche, unterhält, orientiert und informiert.

Entsprechend haben wir Onlinekommunikation und -aktivitäten in jeder Etappe der Kampagne mitzudenken versucht und in die wichtigsten Säulen — Mobilisierung, Information, Werbung— integriert.

Besonders sichtbar wurde die Aufhebung des vermeintlichen Gegensatzes Online/Offline bei den Plattformen „mitmachen.spd.de“ und dem „kampa-netz“. „Mitmachen“ ist eine Freiwilligenplattform vor allem zur Organisation von Hausbesuchen im Rahmen des Tür-zu-Tür-Wahlkampfs; aber auch im Rahmen von anderen Aktionen konnten Freiwillige sich beteiligen und informieren.

Dieses niedrigschwellige Angebot wurde — gerade auch von Nicht-Mitgliedern — gut angenommen und soll über den Wahlkampf 2013 hinaus dazu dienen, Unterstützer_innen zu gewinnen, zu mobilisieren, zu informieren und zu organisieren. 

Dazu kam mit dem „kampa-netz“ eine zentrale Anlaufstelle für Parteifunktionär_innen mittels derer die Kampagnenleitung wichtige Informationen direkt an die zentralen Personen verteilen konnte. Zugleich war die Plattform ein Ort des direkten Austauschs untereinander. 

Auf SPD.de, dem zentralen Hub unseres Onlinewahlkampfs, wurde das Verwachsen der Aufgaben informieren und mobilisieren besonders deutlich: Als erster Anlaufpunkt für Interessierte war die Seite im Sinne eines schlanken und übersichtlichen Informationsportals gestaltet, welches  mit wenigen Klicks zentrale Punkte unseres Regierungsprogramms präsentieren sollte.

Zudem bot SPD.de durch die Integration eines mit an Zeitbudgets orientierten Aktionsmöglichkeiten gefüllten „Mitmachen“-Widgets auf der Startseite allen Interessierten einen unmittelbaren Einstieg in die Kampagne. 

Das Ineinandergreifen von Online und Offline zeigte sich deutlich in der zunehmenden Bedeutung der Livebegleitung von großen Events wie Parteitagen und Wahlkampfveranstaltungen oder dem TV-Duell. Der Erkenntnis folgend, dass Nutzer_innen heute zugleich Medien konsumieren und sich darüber in sozialen Netzwerken austauschen, ging es uns darum, die Botschaften und Eindrücke ins Netz zu verlängern und die Diskussion darüber zu befördern, abzubilden und zu beobachten (Stichwort Second-Screen).

Dies war zum einen von Bedeutung, um die Sichtbarkeit der Partei, des Kandidaten und unserer Botschaften zu erhöhen — zum anderen, um daraus Schlüsse für weitere Kampagnenschritte ziehen zu können. So haben mehrfach Botschaften, die erwiesenermaßen online gut funktionierten, Einzug in weitere Kommunikationsinstrumente wie Reden gefunden. 

Im Zusammenhang der Onlineaktivitäten ist die zunehmende Bedeutung sozialer Netzwerke zu nennen. Diese stellen neue Anforderungen an Kampagnenorganisationen: Kurze Reaktionszeiten und Abstimmungsprozesse sind hier ebenso wichtig wie Mut und Kreativität.

Um in den persönlichen Nachrichtenstrom von Nutzer_innen zu gelangen, gerade auch über die eigene Filterbubble hinaus, ist Witz und Zuspitzung ebenso notwendig wie der kundige und kreative Umgang mit den diversen vorhandenen Portalen und Formaten — von Twitter über Tumblr bis zu Vine. Den Sprung über den eingefleischten Unterstützer- bzw. Followerkreis haben wir dabei am häufigsten mit pointierten Videoclips oder in Sharepics verpackten Botschaften vollbracht.

Hervorzuheben ist das mit Peer Steinbrück veranstaltete Twitter-Townhall — die erste Veranstaltung dieser Art mit einem Spitzenpolitiker in Deutschland. Schon die Twitter-Interviews mit Sigmar Gabriel und Peer Steinbrück funktionierten –im Sinne von Reichweite und Beförderung von Dialog– gut; es war also ein logischer Schritt, das Format um das Element Videostream zu ergänzen. Mit dem Townhall und der Liveübertragung auf SPD.de konnte die Reichweite deutlich erhöht werden und der Kandidat konnte sich und seine Ideen auf diesem Kanal den Twitter Nutzer_innen und den Zuschauer_innen vorstellen. 

Für all diese Projekte hat es sich als großer Vorteil erwiesen, dass die Parteizentrale seit einigen Jahren über eine eingespielte Redaktion verfügt. Die dort versammelte Expertise bedient das gesamte Orchester unterschiedlicher Medien, weiß das Zusammenspiel von verschiedenen Plattformen zu nutzen und konnte so immer wieder Botschaften setzen — sei es durch eine hohe Sichtbarkeit vor, während und nach dem TV-Duell, bei der redaktionellen Begleitung des Deutschlandfestes zum 150. Geburtstag der SPD oder durch reichweitenstarke Reaktionen auf politische Ereignisse auf der Homepage und in den sozialen Netzwerken. 

Mit dem 72-Stunden-Finale hat die SPD zum Ende der Kampagne einen neuen Standard im Hinblick auf die Gestaltung von Abschlussaktivitäten gesetzt. Keine Partei hat bislang eine so groß angelegte, ununterbrochene Livesendung durchgeführt: Das ca. 40-köpfige Team versorgte Interessierte, aber auch aktive Wahlkämpfer_innen mit Informationen und rief immer wieder zu Wahlkampfaktionen im ganzen Bundesgebiet auf. Liveschalten zu den Wahlkämpfer_innen vor Ort, Interviews mit Spitzenpolitiker_innen und die gezielte Einbeziehung der sozialen Netzwerke ergänzten das Angebot. So konnten in den letzten drei Tagen knapp 300.000 Menschen über diesen Kanal erreicht werden.

Durch die Liveübertragung der relevanten Großveranstaltungen in der Schlussphase haben wir Unentschlossenen sowie Interessierten auf den letzten Kampagnenmetern ein weiteres Informationsangebot unterbreitet. Zudem wurde (auch durch den Einbezug der sozialen Medien) noch einmal der offene Charakter der Kampagne herausgestellt, indem wir uns nicht in der Parteizentrale „versteckt“ haben, sondern deutlich machen konnten, dass die ganze Partei und viele Unterstützer_innen bis letzten Sekunde sichtbar für den Wahlsieg kämpften.

Der Beteiligungs- und Mitmachansatz-Ansatz des SPD-Wahlkampfs zog sich so von Beginn bis Ende durch die gesamte (Online-)Kampagne — beginnend mit dem Bürger-Dialog, im Rahmen dessen sich Bürger_innen mit und ohne Parteibuch auch online mit ihren Fragen und Vorschlägen an der Entstehung des SPD-Regierungsprogramms beteiligen konnten.

Um einen Ausblick zu wagen: Die Kampagne hat gezeigt, dass Statistiken ein gutes Instrument darstellen, um eigene Aktivitäten permanent zu evaluieren. Das hat punktuell sehr gut funktioniert, kann und sollte aber weiter ausgebaut werden, um den Einsatz von Mitteln und Formaten noch genauer aussteuern zu können. Zudem wird es spannend sein, wie Parteien in Zukunft Plattformen anderer Anbieter einbinden und nutzen werden. Die erfolgreichen Tumblr dieses Wahlkampfjahres haben teilweise gezeigt, wie kreativ und einfach solche Angebote für die eigene Kampagne eingesetzt werden können. Location-Based-Services haben in diesem Jahr kaum eine Rolle gespielt. Vor dem Hintergrund der eingangs vorgestellten These, dass Online- und Offlinekampagnenelemente zunehmend ineinandergreifen, wird die Einbindung und Nutzung von Funktionen wie bspw. „Foursquare“ sie heute schon bietet (Gamification, Incentives und Vor_Ort Daten) spannend zu beobachten sein. 

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Tobias Nehren

Tobias Nehren

Tobias Nehren ist Onlinekonzepter und Berater im Newsdesk des SPD-Parteivorstands. Seit Februar konzipierte und koordinierte er in dieser Funktion schwerpunktmäßig die Onlinekampagne des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück.
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