Eine Woche vor der Bundestagswahl hat sich der Wahlkampf vom seichten Austausch der Sachargumente zum Wahlkampfgetöse entwickelt. Nach den öffentlichen Auseinandersetzungen via TV verschärft sich zunehmend der Ton zwischen den politischen Gegnern. Jeder möchte in der öffentlichen Nabelschau die letzten entscheidenden Punkte setzen. Nicht allein deshalb, weil sich circa ein Drittel der Wähler erst acht Tage vor der Wahl für eine Partei entscheidet.

Dieses Getöse wird auch nach der Wahl noch erhalten bleiben und die politischen Weichenstellungen in den ersten Monaten begleiten. Es gibt nur eine Institution im politischen Berlin, der in dieser Auseinandersetzung durch eine einfache Regel eine Absage erteilt wird: den FC Bundestag.

Über Politik wird nicht gesprochen 

Wer kickt in diesem Club? Abgeordnete aus fast allen Fraktionen. Sie möchten neben der parlamentarischen Arbeit Fußball spielen. Dafür treffen sie sich in jeder Sitzungswoche und treten gegen andere Mannschaften aus den Wahlkreisen der Bundestagsabgeordneten, aus Verbänden und Unternehmen an. Und sie alle halten sich dabei an eine goldene Regel: Über Politik wird auf dem Platz nicht gesprochen.

CC BY-SA 3.0 Sportingn

Fraktionsübergreifendes Zusammenspiel

Wenn die Spieler den Platz betreten, sind hitzige Diskussionen im Plenum und Unstimmigkeiten in politischen Fragen vergessen.  Da spielt der Linke Paul Schäfer neben dem Chefhaushälter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Norbert Barthle, und der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann passt  seinem Kollegen Michael Grosse-Brömer (CDU) die Bälle zu.
Bis auf die Grünen sind in der aktuellen Aufstellung alle Fraktionen vertreten. Vielleicht ist dies darin begründet, dass ausgerechnet der ehemalige Spitzenmann der Grünen, Joschka Fischer, in seiner Zeit als Spieler für den FC Bundestag torlos blieb.

Der 18. Deutsche Bundestag

Neben der künftigen Aufstellung des FC Bundestag stellt sich die Frage nach dem nächsten Deutschen Bundestag. Wie wird er aussehen und welche Auswirkungen hat das Wahlrecht? Seit diesem Jahr gilt ein neues Wahlrecht. Gewinnt eine Partei mehr Direktmandate als ihr nach dem Zweitstimmenverhältnis Abgeordnetensitze zustehen, sogenannte Überhangmandate, erhalten die anderen Parteien Ausgleichsmandate. So wird das Zweitstimmenverhältnis wiederhergestellt. In der Konsequenz wird der neue Bundestag nach aktuellen Schätzungen um 30 bis 70 Abgeordnete wachsen.

Der Bundestag wird jünger

Ein Drittel der amtierenden Abgeordneten kehrt voraussichtlich nicht in den Bundestag zurück. Die Kandidaten, die sich zur Wahl stellen und gute Chancen auf den Einzug in den Bundestag haben, sind durch die Bank jünger. So werden auch neue und jüngere Abgeordnete zukünftig für den FC Bundestag bei Freundschafts- und Benefizspielen auflaufen. Viele erfahrene Spieler verlassen dafür den Platz und werden nur noch an den jährlich stattfindenden Parlamentarierturnieren teilnehmen.

Frauen gesucht!

Nicht nur die Politik an sich ist in den zurückliegenden Jahren deutlich weiblicher geworden, auch die Parlamentariermannschaft sieht ihre Zukunft in weiblichen Stammspielern.  Der FC Bundestag sucht neue Spieler und setzt dabei auf weibliche Verstärkung. Und dann sitzen in der dritten Halbzeit – dem informellen Teil nach den Spielen – nicht mehr nur Männer zusammen und stoßen mit den Spielern und Begleitern der gegnerischen Mannschaft auf ein gelungenes Spiel an.

Die Wahl entscheidet

Wie der nächste Deutsche Bundestag und damit letztendlich auch die Mannschaftsaufstellung des FC Bundestages aussieht, entscheiden die Wähler am 22. September 2013. Wird die Mannschaft mit deutlich veränderter und verjüngter Mannschaft auflaufen, finden sich Frauen für das Team und stürmen die Grünen nach Jahren der Abstinenz wieder mit? Bis zur Neuaufstellung bleibt es spannend.

Was dem FC Bundestag auch künftig ausmachen  wird, ist der Zusammenhalt und ein gemeinsames Ziel über Fraktionsgrenzen hinweg. Vielleicht lässt sich von diesem Geist etwas in die politischen Debatten des Deutschen Bundestages übertragen – der Politik und dem Wähler bliebe es zu wünschen.

 

Die Autoren:

Alexandra Ortloff und Jannik Rust

Jannik Rust arbeitet seit 2013 bei Ketchum Pleon am Standort Berlin. Er ist spezialisiert auf Corporate und Public Affairs, insbesondere für Kunden aus der Lebensmittelwirtschaft.

The following two tabs change content below.
Alexandra Ortloff

Alexandra Ortloff

Alexandra Ortloff ist seit 2012 bei Ketchum Pleon in Berlin und berät dort als Consultant vor allem Kunden aus der Lebensmittelwirtschaft. Beratungsschwerpunkte sind Corporate und Public Affairs.
Alexandra Ortloff

Neueste Artikel von Alexandra Ortloff (alle ansehen)