Einen Tag, bevor Sigmar Gabriel ins Außenministerium wechseln wird, hält er seine letzte Bundestagsansprache als Wirtschaftsminister. Im Jahreswirtschaftsbericht zieht er eine Bilanz seiner Arbeit, warnt aber auch vor neuen Gefahren.

Insgesamt zufrieden

Mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist Gabriel zufrieden. Rekordbeschäftigung, die größte Rentenerhöhung der letzten 20 Jahre, eine Wachstumsprognose von 1,4% sind die Errungenschaften des letzten Jahres, die der scheidende Wirtschaftsminister nicht zuletzt seinem Ressort auf die Fahnen schreibt.

„Es gibt 43 Millionen Beschäftigte in Deutschland, das sind so viele wie noch nie.“

Bei aller wirtschaftlicher Zufriedenheit vermeldet Gabriel aber auch Handlungsbedarf: Eine hohe Beschäftigtenzahl im Niedriglohnsektor, Mietwucher, Lohndumping seien immer noch Realität in Deutschland.

„Diese Menschen fühlen sich aus dem Blick der Politik verloren.“

Zeitgleich fand Gabriel auch mahnende Worte mit Blick auf Europa und die USA. So sprach er von einem drohenden Scheitern der EU, sollten Europas Rechtspopulisten zunehmend Land gewinnen. Man könne die Lage gar nicht dramatisch genug empfinden, so Gabriel. Neben Deutschland halten auch Frankreich und die Niederlande dieses Jahr ihre nationalen Wahlen ab.

Auch was aus Amerika komme, sei gefährlich, urteilte Gabriel. Dennoch sei dies kein Grund, zu verzweifeln. Dazu verwies Gabriel auf die deutschen Exporte, von denen lediglich zehn Prozent in die USA gehen.

Dennoch beäugt Gabriel die wachsende Demokratiefeindlichkeit des Westens mehr als argwöhnisch. Dabei appelliert er an den Zusammenhalt der Union. Es sei wichtig, so Gabriel, dass sich jetzt niemand abschotte.

„Schotten dicht ist das Kommando eines Kapitäns auf einem sinkenden Schiff.“

Zum Ende warnte der baldige Außenminister einerseits davor, sich von „15-Prozent-Schreihälsen“ einschüchtern zu lassen, andererseits vor einem Wahlkampf, wie ihn die USA im letzten Jahr erleben musste. „Wir sind politische Wettbewerber, aber keine Feinde“, sagte Gabriel.

Am Dienstag, den 24. Januar, hatte Gabriel seinen Rücktritt als SPD-Vorsitzenden sowie den Verzicht auf die Kanzlerkandidatur verlauten lassen. Nun soll Ex-EU-Parlamentspräsident Martin Schulz die Sozialdemokraten ins Rennen führen.

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Louis Koch

Louis Koch

Redakteur bei appstretto
Louis studiert Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin. Er hat Spaß am Texten und Konzipieren, vor allem, wenn es um Politik geht. Bei appstretto ist er als Redakteur unter anderem für die Inhalte von wahl.de zuständig.
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