Gerade traf sich Sigmar Gabriel mit den amerikanischen Kollegen in Washington. Im Hinblick auf den baldigen NATO-Gipfel ging es auch um die Frage der militärischen Emanzipation Europas. Vor allem aber bleiben drei große Themen hängen, die die Gespräche mit Außenminister Tillerson und dem Sicherheitsberater McMaster mit viel Input versorgten.
Syrien
Der Waffenstillstand in Astana war hilfreich, aber jetzt kommt es auf den Genfer Prozess an.
Der Schwerpunkt lag natürlich auf der gegenwärtig größten humanitären Katastrophe der Welt – Syrien. Der Krieg, der seit seinen Anfängen 2011 mehr Menschenleben gefordert hat als irgendeine unabhängige Kommission noch zählen kann, zehrt auch an den Nerven der Mächtigen. Auf der Konferenz in der kasachischen Hauptstadt Astana errungen Russland, die Türkei und der Iran vor kurzem einen kleinen Sieg. Sie einigten sich auf die Einrichtung vierer „Deeskalationszonen“, in denen ausländische Soldaten einen befristeten Waffenstillstand überwachen sollen.
Sigmar Gabriel lobte den Erfolg der Konferenz, an der Deutschland nicht teilnahm. Allerdings müsse es jetzt dazu kommen, dass auf der bald wieder aufgenommenen Syrien-Konferenz in Genf ernsthaft über Sachverhalte wie eine neue Verfassung, demokratische Wahlen und auch die Ablösung der Regierung Assad gesprochen wird. Auch Russland zu überzeugen, diese Vorhaben zu unterstützen, sei ein gemeinsames Bedürfnis.
Ukraine
Ich bin froh darüber, dass man sich klar dazu bekannt hat, dass Amerika mit an einer Lösung in der Ukraine arbeiten will.
Seit dem großen Clash auf dem Maidan 2014 ist der Konflikt in der Ukraine mal mehr, mal weniger präsent in den Medien. Fakt ist jedoch, dass auch dort, mitten in Europa, bewaffnete Kämpfe stattfinden und Menschen sterben. Deshalb hat sich Gabriel mit den amerikanischen Kollegen auch über diese gegenwärtige Situation unterhalten. Resultat des Gesprächs sei ein klares Bekenntnis des Weißen Hauses dazu gewesen, aktiv an einer Lösung des Konflikts mitzuwirken.
Das lässt Gabriel und die Bundesregierung insofern aufatmen, als dass Trump und seine Regierung bis dato keine klaren Angaben dazu gemacht hatten, in welcher Rolle sich die USA dort sieht. Nun habe man Möglichkeiten sondiert, wie man gemeinsam einen Waffenstillstand zustande bekäme.
Türkei
Was wir derzeit aus der Türkei hören, hat die Grenze dessen erreicht, was wir ertragen können.
Eine weitere Angelegenheit, in der sich Gabriel die transatlantische Unterstützung sichern wollte, sind die diplomatischen Spannungen Deutschlands mit der Türkei. Besonders die Entscheidung Erdogans, deutschen Parlamentariern den Zugang zum Bundeswehr-Stützpunkt Incirlik zu verwehren, sei für NATO-Partner undenkbar; dafür finde man in den USA großes Verständnis und auch Unterstützung. Die Türkei hatte ihre Entscheidung damit begründet, dass Deutschland zwei türkischen Generälen, die mit dem Putsch im Juli in Verbindung gebracht worden waren, Asyl gewährt hatte.
Gabriel deutet an, welche schwerwiegenden Konsequenzen ein Abbau der Basis in der Türkei beim Kampf gegen den IS nach sich ziehen würde und kritisiert auch die generelle Haltung der türkischen Regierung gegenüber der Bundesrepublik. Ob „Nazi-Vergleiche“ oder der Erpressungsversuch mit Incirlik: Für Gabriel ist die Grenze des Ertragbaren erreicht. Er bittet die US-Regierung nun mit Blick auf den NATO-Gipfel in einer Woche, der Türkei Mal etwas Druck zu machen.
AM @sigmargabriel in Washington zu #Incirlik: Hoffen auf andere Haltung der Türkei. Die US-Regierung hat Unterstützung zugesichert. pic.twitter.com/8Xs1eTPkEU
— Auswärtiges Amt (@AuswaertigesAmt) 18. Mai 2017
Louis Koch
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