Stuttgart will sein Image als dreckigste Stadt im Bund loswerden und führt die blaue Plakette ein. Kein anderer Ort in Deutschland leidet so sehr unter der Feinstaubbelastung. Das Bundesumweltministerium fordert die blaue Plakette für ganz Deutschland. Doch Verkehrsminister Dobrindt ist dagegen.

Stuttgarts Innenstadt wird blau

Die anhaltend hohe Stickoxidbelastung in zahlreichen deutschen Städten und Ballungsgebieten haben bereits ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland ausgelöst. Vor allem nach dem VW-Abgasskandal steht die
Bundesregierung unter Druck, etwas für die Luftsauberkeit zu tun.

Doch bisher ist Stuttgart die erste Stadt, die aktiv etwas gegen die anhaltende Belastung tut. Deshalb will die grün-schwarze Landesregierung ab 2018 alle Dieselfahrzeuge, die die Euro-Norm 6 nicht erreichen, aus der baden-württembergischen Landeshauptstadt verbannen. Mit einer blauen Plakette werden die zugelassenen Autos künftig gekennzeichnet.

Zunächst sollen besonders stark belastete Straßen als Umweltzone eingerichtet werden, für deren Befahrungen man die die blaue Plakette braucht.

Die Einführung einer dauerhaften blauen Umweltzone ist vorgesehen, wenn 80 Prozent der in Stuttgart zugelassenen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge die Anforderungen an die neue Plakette erfüllen. Dies werde voraussichtlich ab 2020 der Fall sein.


Das Hauptproblem: Viele Diesel-Autos, die bis 2015 als Neuwagen verkauft wurden, erfüllen diesen Standtart nicht. Ein Feinstaubfilter, den man relativ unkompliziert einbauen kann um die grüne Plakette zu bekommen, kann dieses Problem nicht lösen. Kretschmann rät daher, auf Nahverkehrsmittel umzusteigen, falls man sich kein neues Auto lesiten kann.

Opposition gegen Blau

Die SPD-Landtagsfragtion lehnt die blaue Plakette ab. Diese würde nur soziale Gräben vertiefen und nicht das Problem lösen.

Die AFD zweifelt den Klimawandel an und sieht in der blauen Plakette ebenfalls keine Notwendigkeit. „Das Dieselverbot ist an Naivität und Kurzsichtigkeit nicht zu überbieten“, so die Landtagsfraktion.

Hendricks vs. Dobrindt

Verkehrsminister Dobrindt verhindert bislang das Streben nach einer blauen Plakette auf Bundesebene. Der CSU-Mann lehnt es ab, mit einer neuen Plakette Dieselfahrzeuge aus den mit Stickoxiden und Feinstaub belasteten Innenstädten auszusperren. Damit würde man zu viele Leute vom Verkehr ausschließen. „Unser Ziel ist mehr Mobilität mit weniger Emissionen und nicht das Abschaffen der Mobilität.“, sagte er der BAMS. Politische Gegner werfen ihm allerdings vor, nur für die mächtige Diesel-Lobby zu arbeiten.

Die FDP, die sich Hoffnung machen darf, dieses Jahr wieder in den Bundestag zu kommen, ist ebenfalls gegen die blaue Plakette auf Bundesebene ab. Bundestags-Kandidat Christian Jung sieht andere Möglickeiten des Umweltschutz und verlangt stattdessen eine moderne Infrastruktur.

Nach den Plänen von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sollte eine blaue Plakette als Ergänzung zu den bereits vorhandenen roten, gelben und grünen Plaketten eingeführt werden. Damit geht die SPD-Bundespolitik Hand in Hand mit den Forderungen der Grünen.

Regine Günther, die parteilose Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Berlin brachte die blaue Plakette für ihre Stadt und erneut für den Bund ins Gespräch. Sie hält das Projekt nicht für gescheitert. Die Belastung durch Stickstoffdioxid sei in Berlin ein großes Problem. An Hauptstraßen würden Grenzwerte zum Teil um das fünf- bis sechsfache überschritten.

Allein gegen Diesel

Nun hängt es von den möglichen Alternativvorschlägen zum Senken der Stickoxid-Emissionen ab, ob es neuen Aufwind für die blaue Plakette gibt oder die Pläne entgültig begraben werden. Doch in einzlen Städten flammt die Forderung nach einer blauen Plaketten immer wieder auf.


An sich ist das Thema Feinstaub nicht neu, bekommt aber angesichts von Diesel-Skandal und den aktuellen Entscheidungen wieder Auftrieb. Ob es zu einem Wahlkampf-Thema werden kann werden die nächsten Wochen zeigen. Die aktuellen Forderungen und Vorstellungen sind noch stark unterschiedlich, auf den politischen Ebenen ebenso wie bei den diversen Lobby- und Umweltgruppen.

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Helena Serbent

Helena Serbent

Seit ihrem Volontariat bei Media Partisans arbeitet Helena Serbent für „wahl.de“ und moderiert bei ALEX Berlin die Talksendung „Kopf.Hörer“. Ihre Schwerpunkte sind Politik und Digitalisierung.