Die Debatte über den Umgang mit Falschmeldungen reißt nicht ab. Vermehrt fordern CDU/CSU-Politiker die Verbreitung von Falschmeldungen strafrechtlich zu verfolgen. Der Koalitionspartner SPD Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen. Kritische Stimmen hinterfragen hingegen die Realisierbarkeit und Zweckmäßigkeit eines solchen Vorhabens. Und mitten in der Diskussion, geht Facebook in die Offensive.

Straftatbestand Falschmeldung oder Facebook & Co. zur Verantwortung ziehen?

Die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD sind entschlossen gegen Falschmeldungen im Internet vorzugehen. Der CSU-Politiker Stephan Mayer plädiert im Tagesspiegel dafür, dass Desinformationskampagnen in den Straftatbestand erhoben werden. Für Innenpolitiker Ansgar Heveling (CDU) ist das ebenfalls vorstellbar, insbesondere dort, wo eine gezielter Kampagnencharakter erkennbar ist, wie er der Rheinischen Post mitteilt.

Der Koalitionspartner SPD sieht vor allem Unternehmen wie Facebook in der Verantwortung. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann kündigt im SPIEGEL eine härtere Gangart an. Die aktuellen Pläne der Großen Koalition sehen vor, dass Facebook & Co. verpflichtet werden eine Rechtsschutzstelle einzurichten. Diese soll Fake News prüfen und innerhalb von 24 Stunden löschen, ansonsten drohen empfindliche Bußgelder.

Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, hat anderes im Sinn. Sie schlägt einen Kodex ethischer informationspolitischer Grundsätze für soziale Netzwerke, nach Vorbild des Pressekodex, vor. Ein öffentliches Kontrollgremium soll dann die Ahndungen bei Verstößen durchführen. Ob man dem Problem damit gerecht wird scheint aber ebenso fraglich.

Alternativen zur Strafverfolgung

Völlig unklar ist, ob sich durch die geforderte Strafverfolgung und die geplanten Rechtsschutzstellen die Verbreitung von Falschmeldungen tatsächlich verringern lässt. Während deutsche Politiker noch über die Lösung des Problems diskutieren, geht Facebook in die Offensive. Wie die Washington Post berichtet, soll ein neues Feature Nutzer darauf hinweisen, wenn eine Meldung gefälscht ist. Ein unabhängiges Team (Fakten-Checker) soll für die Überprüfung zuständig sein.

Der Netzaktivist und SPD-Politiker Henning Tillmann präsentiert eine eigene Strategie im Umgang mit Fake News. Er fordert, dass Facebook verpflichtet wird, Gegendarstellungen zu Falschmeldungen zu veröffentlichen. Ähnlich wie es im Pressegesetz bereits für Zeitungen und Rundfunk geregelt ist. Zur Umsetzung dieser Forderung schlägt Tillmann ein Expertengremium vor, dass Falschmeldungen prüft und gegebenenfalls eine Gegendarstellung veröffentlicht.

Das eigentliche Problem mit Fake News

Für Markus Reuter, Redakteur bei netzpolitik.org, ist der Vorstoß der CDU/CSU-Politiker höchst problematisch. Vor allem deshalb, weil völlig unklar bleibt wie Desinformationen oder Falschmeldungen definiert werden sollen. Er verweist darauf, dass auch Politiker von Zeit zu Zeit falsche Informationen verbreiten. Das zeigt das Beispiel Markus Söder (CSU): Laut Bayrischem Rundfunk seien knapp 22 Prozent seiner Aussagen in Talkshows falsch. Ein strafrechtliche Verfolgung von Politiker, wenn sie post-faktisch argumentieren, scheint jedoch undenkbar. 

Dieser Einwand macht deutlich, dass der Umgang mit Falschnachrichten eine Gratwanderung ist. Wo zieht man eine Grenze? Ab welchem Punkt fällt eine Meldung nicht mehr unter Meinungsfreiheit? Ist eine Strafverfolgung bei der Flut an Informationen überhaupt möglich?

Die neue Funktion bei Facebook ist keine Patentlösung. Des Weiteren liegt die Verantwortung nicht allein bei Unternehmen, selbst wenn es das geplante Gesetz der Bundesregierung suggeriert. Insbesondere Politiker sollten mit gutem Beispiel vorangehen und keine falschen Fakten verbreiten. Und Denzel Washington hat noch einen Ratschlag für Medien auf Lager.

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Bernd Roschnik

Bernd Roschnik

Redakteur bei appstretto
Nach seinem Studium der Kulturwissenschaften hat Bernd Erfahrungen im Bereich Public Affairs und Public Relations gesammelt. Seit kurzem vervollständigt er seine akademische Vita und studiert Religion und Kultur an der Humboldt Universität. Außerdem unterstützt er nach Kräften appstretto. Sein besonderes Interesse gilt der Digitalisierung von Politik und die damit verbundenen Entwicklungen.
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