Florian Pronold möchte nicht wieder den Landesvorsitz der SPD in Bayern übernehmen. Direkt nach dieser Absage im Februar 2017 schlug er Natascha Kohnen vor, derzeit Generalsekretärin des Landesverbands, für den Parteivorsitz und die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2018 vor. Entscheiden wird das aber die Basis, und Pronolds Präferenz ist nur eine von sechs Optionen.

Nach acht Jahren endet die „Ära“ Pronold in der BayernSPD. Zuletzt wurde er 2013 in seinem Amt bestätigt, erhielt aber nur 80,6 % der Stimmen. Die Nachfolge übernehmen möchten in der Partei viele, aber in Bayern entscheiden darüber zum ersten Mal alle 60.000 Mitglieder der Landespartei in einer Briefwahl.

Kohnen: Von der Quereinsteigerin zur Etablierten

Die 49-jährige Natascha Kohnen studierte Biologie, lebte in Paris, schrieb Schulbücher und ist Mutter von zwei Kindern. Erst mit 34 Jahren kam sie zur SPD: Weil es für ihren Nachwuchs keinen Betreuungsplatz in Neubiberg gab, engagierte sie sich zunächst in der Kommunalpolitik. 2008 kam sie in den Landtag und wurde Generalsekretärin der Landesspitze. Ihre Vorteile: Sie kann gut mit Menschen reden und ist eine Frau. Die einzige, die zur Wahl steht.

Kohnen erzählt, dass ihr die Idee zu einem Basis-Votum beim Abendessen mit Freunden gekommen sei, als es um menschennahe Politik ging. Gerüchte besagen, sie habe keine richtige Wahl gehabt. Pronold habe sie zwar als Wunschnachfolgerin ausgerufen. Im Vorstand war man jedoch nicht überzeugt.

Barthel: Man kennt ihn

Der aus Kochel stammende Klaus Barthel ist 61 Jahre alt und seit 42 Jahren Parteimitglied. Er gilt als Kämpfer für soziale Gerechtigkeit, war Gewerkschaftssekretär und ist seit 2012 Vorsitzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen im Bund.

Seit 2007 gehört er dem Landesvorstand an und kandidierte einmal nur mit der Ansage „Ihr kennt mich“ – und wurde gewählt. Weil er auf Fraktionsdisziplin nicht viel gibt, hat er im Bundestag nach 23 Jahren im Bundestag nicht mehr als eine Sprecherfunktion. Doch das stärkt seine Glaubwürdigkeit und grenzt ihn vom Establishment ab.

Von Brunn: Mehr als Fachmann

Landtagsabgeordneter und Umweltpolitiker Florian von Brunn gilt als linker Intellektueller. Einer, mit einem Studium in Volkswirtschaftslehre, der mehr Basisarbeit in der SPD fordert. Er will, dass seine Partei härter mit der CSU ins Gericht geht.

Er forderte bereits mehrmals den Rücktritt der Umweltministerin. Nun will er mehr als nur Fachpolitiker sein und gibt an, sich aus seiner Zeit im Mieterbeirat München mit Wohnungspolitik auszukennen.

Tschung: Keine einvernehmliche Einigung?

Der ehemalige Journalist Gregor Tschung, 51, ist Sprecher der Münchner Tafel. 2011 war er für eine sehr kurze Zeit Sprecher der Bayern-SPD – als er sich mit der Landesspitze zerstritt und entlassen wurde, kam es per Gerichtsurteil zu einer „einvernehmlichen Einigung“.

Tschungs Kandidatur sehen viele nun als Rachefeldzug, denn er sagt, dass die Parteispitze sei schuld, dass die SPD „nicht wählbar“ sei. Tschung will sich besonders für die Bekämpfung der Armut einsetzen.

Käser: „Zeit für die Mutigen“

Markus Käser, 41 Jahre, ist Kommunikationsberater in Pfaffenhofen und wurde von der Basisinitiative „Zeit für die Mutigen“ nominiert. Der gelernter Erzieher sitzt außerdem im Stadtrat und im Kreistag.

Er will die kommunale Sicht in die Landespolitik bringen, steht für verbindliche Urwahlen und die Trennung von Amt und Mandat beim Landesvorsitz. Er hält eine Außenseiterposition inne, könne aber viele führungskritische Stimmen hinter sich bringen.

Aschenbrenner: Schöffenrichter für die Landesspitze

Der 48-Jährige Berufsschullehrer Uli Aschenbrenner aus Niederbayern ist Schöffenrichter und hat sich einmal vergeblich um das Bürgermeisteramt in Ascha beworben. Seine Chancen sind gering, er will aber zeigen, dass man, wenn man etwas will, auch etwas verändern kann. Er kritisiert, dass ein später Einstieg in die Politik oft kaum möglich ist und den Menschen zu wenig erklärt wird.

Bajuwarischer Schulz oder Bayern-Sanders?

Mit einem neuen Gesicht an der Parteispitze hofft man auf einen bayrischen „Schulzeffekt“. Die besten Chancen auf den Sieg teilen sich Kohnen und von Brunn.

Von Brunn hat den Vorteil, nicht all zu sehr mit der alten Spitze verbandelt zu sein.

Doch die Geschichte zeigt, dass man die Rolle der Außenseiter nicht unterschätzen darf.

Wahlverfahren: Ein bisschen Basis

Die Basis kann zwar entscheiden, ihr Votum bindet allerdings nicht. Denn der Satzung der SPD zufolge muss der Landesvorstand von den Delegierten auf einem Parteitag gewählt werden. Der ist am 20. und 21. Mai in Schweinfurt. Falls keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit auf sich vereint, sollen die zwei mit dem besten Ergebnis in Schweinfurt zu einer Stichwahl gegeneinander antreten.
Alle anderen dürfen sich selbst verpflichten, sich dann nicht mehr zur Wahl stellen.

Eine Belebung der internen Demokratie ist die reiche Auswahl an Kandidaten auf jeden Fall, das hat man bereits bei den Grünen beobachten können. Der durch den Wahlmodus aber erwartbar knappe Wahlsieg wird aber auch die neue Person an der Spitze herausfordern, die verschiedenen Strömungen umgehend neu zu vereinen – schließlich ist nach der Wahl wortwörtlich vor der Bundestagswahl. Und hier muss sich die BayernSPD anstrengen, um ihre Genossen zu mobilisieren.

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Helena Serbent

Helena Serbent

Seit ihrem Volontariat bei Media Partisans arbeitet Helena Serbent für „wahl.de“ und moderiert bei ALEX Berlin die Talksendung „Kopf.Hörer“. Ihre Schwerpunkte sind Politik und Digitalisierung.