Branchentrends und Insights aus der Public Affairs-Umfrage von MSL Germany

Das erste Jahr der neuen Legislaturperiode ist vorbei. Das Alltagsgeschäft hat nach dem Wahlkampf, wochenlangen Koalitionsverhandlungen und dem politischen Neustart im Bund auch für Public Affairs-Verantwortliche wieder Einzug gehalten. Doch was hat sich mit den neuen Machtverhältnissen in der Beziehung von Politik und Wirtschaft verändert? Dem spürt die jährliche Public Affairs-Umfrage von MSL Germany nach, die wir am 22. September, genau ein Jahr nach der Bundestagswahl, veröffentlicht haben.

Lobbyisten befürworten Lobbyregister

Das vielleicht überraschendste Ergebnis vorneweg: Lobbyisten befürworten ein Lobbyregister. Nur 15 Prozent sind gegen die Einführung eines verpflichtenden Registers für Lobbyisten. 65 Prozent sind für eine verpflichtende namentliche Registrierung von Interessenvertretern, aber ohne die Angabe weiterer Daten. Ein Register mit möglichst umfassender Angabe von Budgets, Personalstärke, Zielen, Dienstleistern und weiteren Daten ist für 19 Prozent die bevorzugte Variante. Die Bereitschaft zu mehr Transparenz ist in der Branche augenscheinlich groß. 

Bekommt Deutschland ein Internetministerium?

Netzpolitik hat es spätestens seit dieser Legislaturperiode in Deutschland auf die große politische Bühne geschafft: Im Deutschen Bundestag gibt es inzwischen einen Hauptausschuss für die Digitale Agenda. Und die Bundesregierung hat die „Digitale Agenda für Deutschland“, ein Gemeinschaftsprojekt dreier Bundesministerien, erst kürzlich mit einem Kabinettsbeschluss verabschiedet. Doch welches Ministerium wird langfristig die Federführung in netzpolitischen Fragen übernehmen? Mindestens vier kommen in Frage: BMI, BMWi, BMVI und BMJV. Unter diesen ist das Ressort von Vizekanzler Sigmar Gabriel zwar Favorit der Public Affairs-Verantwortlichen mit 25 Prozent der Stimmen. Doch die meisten glauben, dass der Arbeitsbereich auch zukünftig zwischen mehreren Häusern aufgeteilt bleibt (37 Prozent).

Eine Tendenz, die vor einigen Wochen Staatssekretärin Dorothee Bär und der netzpolitische Sprecher der SPD, Lars Klingbeil, in zwei Interviews mit MSL Germany andeuteten. Klingbeil beschrieb das Ziel,

dass Digitalisierungsthemen irgendwann so fest in allen Ressorts verankert sind, dass es gar keine Federführungen mehr benötigt.

Dorothee Bär unterstützte diese These und hält es für möglich, dass Netzpolitik zukünftig

in allen Politikbereichen ebenso integriert ist, wie das bei den Lebensbereichen der Bürgerinnen und Bürgern der Fall ist. 

Kommunikationstrends in der Public Affairs-Branche

Um beim Digitalen zu bleiben: Erwartungsgemäß wird bei der Pflege von politischen Kontakten der Einsatz von Social Media immer wichtiger für Public Affairs-Manager. Inzwischen setzen 54 Prozent der Befragten Social Media-Tools ein – Platz vier im Ranking. Als wichtigste Plattform für die politische Kontaktpflege liegt Facebook mit 51 Prozent auf dem ersten Platz, gefolgt von Twitter mit 48 Prozent und Xing mit 31 Prozent.

Vergleicht man die vergangenen Umfragen von MSL Germany, wächst der Einsatz von digitalen Instrumenten von Jahr zu Jahr. Der Grund ist einfach: Politik findet vermehrt online statt. Entsprechend beschäftigen sich die Verantwortlichen in Unternehmen und Verbänden intensiv damit, was im Netz passiert und wie sie hier am politischen Dialog teilhaben können.

Wo sehen Lobbyisten politischen Handlungsbedarf?

Wenn Lobbyisten wählen dürften, welche Projekte ganz oben auf der Agenda der Bundesregierung stehen müssten, wären dies die Bewältigung der EURO-Krise und die Energiewende (jeweils 76 Prozent), gefolgt von einer Steuerreform, für die 44 Prozent stimmen. Doch vor allem mit der Energiepolitik der Bundesregierung scheinen die Public Affairs-Verantwortlichen unzufrieden zu sein: Nur 24 Prozent finden sie „gut“, 52 Prozent beurteilen sie als „schlecht“, 15 Prozent sogar mit „sehr schlecht“. Die Steuerpolitik wird zwar von 35 Prozent für „gut“ befunden. Doch aus den Stimmen von 37 Prozent für „schlecht“ und 20 Prozent für „sehr schlecht“ lässt sich auch der Wunsch nach einer Reform ablesen.

Alle Ergebnisse, z.B. zur Bewertung der Großen Koalition und der (kleinen) Opposition oder zur Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft, sind über diesen SlideShare-Link verfügbar: http://de.slideshare.net/NI0049/msl-germany-public-affairsumfrage-2014.

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Tobias Heyer

Tobias Heyer

Tobias Heyer ist Berater bei MSL Germany und auf Gesundheits- und Wirtschaftspolitik sowie Digital Public Affairs spezialisiert. Für die Umsetzung der Public Affairs-Umfrage zeichnet er sich zum dritten Mal in Folge operativ verantwortlich.
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