Am 10. Mai 2015 werden die Einwohner in Bremen und Bremerhaven an die Wahlurnen gerufen. Im Vorfeld der Bürgerschaftswahl hat sich die Plattform wahl.de die digitalen Wahlkampfstände der Parteien und Kandidaten angeschaut: Wer hat wo ein Profil und erzielt welche Reichweite (also Fans, Follower und Abonnenten)? Damit lässt sich eine äußerst wichtige Kennzahl für digitales Engagement, Dialogbereitschaft und den Einsatz von Ressourcen ableiten.

Wo ist eigentlich die SPD?

Bei der Betrachtung der Profile der Landesverbände der Parteien fällt sofort der Blick auf die Partei des bisherigen Bremer Bürgermeisters und aktuellen Spitzenkandidaten Jens Böhrnsen. Die SPD ist zwar in allen drei untersuchten sozialen Netzwerken vertreten, befindet sich aber gegenüber ihren Mitbewerbern klar im Abseits. Bei Twitter existiert zwar ein Account, aber Tweets sucht man hier vergebens. Bei Facebook sieht es mit der Reichweite ein wenig, bei YouTube nicht viel besser aus. Hier wird eindeutig vorhandenes Potential bei der Wähleransprache verschenkt.

Auf Twitter liegt, wie zu erwarten war, die Piratenpartei mit 1.873 Followern zum Stichtag, dem 24. April 2015, vorn. Ihr folgt DIE LINKE mit 1.407 Followern. Bei allen weiteren Parteien läuft der Microblogging-Dienst wohl eher unter ferner liefen.

Bei Facebook ist DIE LINKE mit 3.559 Fans ganz vorn, aber die AfD ist ihr mit 3.359 dicht auf den Fersen. Mit großem Abstand folgen die FDP, die Partei und Bündnis 90/Die Grünen.

Die YouTube-Kanäle der Parteien werden abgesehen von denen der Linken und der Piraten weitestgehend ignoriert.

Social Media Verweigerung der Spitzenkandidaten

196 der insgesamt 274 untersuchten Bremer Kandidaten der SPD, Grünen, CDU, Linken, FDP und AfD nutzen mindestens ein soziales Netzwerk. Das sind 71,53 Prozent. 78 Kandidaten, also über 28 Prozent, verweigern bisher die Kommunikation über die sozialen Medien.

Ausgerechnet der Spitzenkandidat und derzeitige Bürgermeister der SPD, Jens Böhrnsen, sowie die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen und derzeitige Finanzsenatorin, Karoline Linnert, fallen unter diese Gruppe der Verweigerer. Ebenfalls verzichten die Senatorin Dr. Eva Quante-Brandt (SPD) und Senator Ulrich Mäurer (SPD), beide auf den vorderen Listenplätzen der SPD, auf eine Wähleransprache über die sozialen Netzwerke.

Facebook erhält den größten Zuspruch: 67,52 Prozent der Kandidaten nutzen ein Facebook-Profil und 19,70 Prozent eine Fanseite. Twitter-Profile werden ein wenig häufiger als die Fanseiten genutzt. 25,54 Prozent der Kandidaten zwitschern fleißig vor der Landtagswahl. Einen YouTube-Kanal haben sich hingegen nur 8,03 Prozent zugelegt. 

APO und Hinterbänkler als Spitzenreiter

Das freie Feld der abwesenden Spitzenkandidaten von SPD und Grünen wird von der zurzeit nicht in der Bürgerschaft vertretenen FDP und ihrer Kandidatin Lencke Steiner auf Facebook mit 4.397 Fans besetzt.

Der gegenwärtigen außerparlamentarischen Opposition (APO) folgt dann dicht der SPD-Abgeordnete Elombo Bolayela (4.112 Fans) und weiter abgeschlagen mit 1.378 Fans die CDU-Spitzenkandidatin Elisabeth Motschmann.

Bei Twitter sind es auch eher die „Hinterbänkler“ bzw. die Kandidaten auf den unteren Listenplätzen, die eine größere Followerzahl von sich begeistern konnten. Angeführt wird die Top 10 von Simon Zeimke (CDU), gefolgt von Alexandra Werwath (Bündnis 90/Die Grünen) und Rainer Hamann (SPD). Abgesehen von Lencke Steiner (FDP) kein Spitzenkandidat weit und breit! 

Das Stiefkind im Bremer Wahlkampf, YouTube, sieht auch in der Einzelbetrachtung nicht besser aus. Nur die Kandidaten von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bilden mit über 10 Prozent die Ausnahme, was sich aber nicht auf die Abonnentenzahl auswirkt. Hier ist Elombo Bolayela der Spitzenreiter mit mageren 12 Abonnenten. Eine Top 10 konnte hier nicht dargestellt werden, da alle weiteren YouTube-Kanäle maximal einen bzw. gar keinen Abonnenten haben.

Nun heißt es in den letzten zwei Wochen vor der Wahl alle Kanäle zu bespielen, unentschlossene Wähler anzusprechen und die Anhänger zu mobilisieren. Der Endspurt hat begonnen, sei es bei Facebook, Twitter, am Infostand oder im TV und Radio.

Dieser Beitrag steht unter der CC-BY-SA 3.0 Lizenz. Die Angaben beruhen auf einer Datenerfassung und Auszählung vom 24.04.2015. Alle Angaben ohne Gewähr.

The following two tabs change content below.
Sebastian Schmidtsdorf

Sebastian Schmidtsdorf

Head of PR bei Civey
Bei wahl.de seit 2013. Mitherausgeber wahl.de-Buch #BTW13 Themen, Tools und Wahlkampf. Leiter Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit bei Civey. Leidenschaftliche "fragerei by dorfgeschrei".
Civey